Von Gert Holle
Der Höhepunkt und Abschluss des 500. Reformationsjubiläums steht unmittelbar bevor: Am 31. Oktober 2017 jährt sich der legendäre Thesenanschlag Martin Luthers zum fünfhundertsten Mal. Angesichts der weltgeschichtlichen Bedeutung der Reformation wird dies in ganz Deutschland mit einem arbeitsfreien Tag begangen. In zahlreichen Gottesdiensten und Festveranstaltungen wird auch im Evangelischen Dekanat Büdinger Land an dieses Ereignis erinnert. Die Dekanatsleitung hat sich dabei ganz bewusst gegen eine zentrale Veranstaltung zum Abschluss des Reformationsjahres 2017 entschieden, weil dieser Tag in den Kirchengemeinden gefeiert werden soll. Mit einem symbolischer Akt soll jedoch die Verbundenheit untereinander in der gesamten Region gezeigt werden: Den 77 Kirchengemeinden ist anempfohlen, ab 15.17 Uhr in Gedenken an den Beginn der Reformation die Kirchenglocken vor Freude zum Klingen zu bringen.
Vergleicht man das Reformationsjahr mit einer Bergtour, so stehen wir heute kurz vor dem Gipfel mit der Feier des Reformationstages am 31. Oktober 2017. Grund genug, einmal zurück zu schauen: „Was bedeutet evangelische Kirche im Jahr 2017 und welche Kirche brauchen wir heute?“ - Diese Fragen standen in den vergangenen Monaten Pate für zahlreiche phantasievolle und innovative Veranstaltungen in unserer Region. Das Jubiläum zeigte sich vielfältig, ansteckend, einnehmend und zum Teil auch nachhaltig. Entgegen mancher Befürchtungen zu Beginn des Reformationsjahres haben sich die Kirchenoberen das Ereignis nicht zu Eigen gemacht – nach dem Motto: „Endlich können wir uns selbst feiern!“ Vielmehr wurde die Chance auf Neubesinnung auf der Basis des Wortes Gottes genutzt. Viele begaben sich auf der gemeinsamen Suche nach Gott auf eine Expedition, die die Herausforderungen des 21. Jahrhunderts in den Blick nahm. Gott und die Welt zusammenhalten – das stand in vielen Veranstaltungen im Mittelpunkt: Andachten und Gottesdienste, Konzerte und Ausstellungen, Feste, Kindermusicals und ein Dekanatskinderkirchentag, szenische Lesungen, die Teilnahme am Konfirmanden-Camp in Wittenberg, der Besuch des Kirchentages oder von historischen Stätten. Menschen begegneten einander, viele positive Eindrücke bleiben. Evangelische Kirche hat sich als Volkskirche hinausbewegt – auf die Marktplätze und Straßen unserer Städte und Dörfer. Sie hat versucht, Impulse zu geben und Impulse aufzunehmen. Insofern war das Jahr 2017 auch eine wichtige Standortbestimmung für den Protestantismus vor Ort. Kultur- und Geschichtsvereine, Chöre und Schulen haben sich des Ereignisses angenommen und in Ausstellungen, Konzerten und Lesungen ihr Interesse und ihre Verbundenheit bekundet. Das Reformationsjubiläum war ohne Frage von einer großen Strahlkraft umgeben.
Ich persönlich freue mich, dass das Jubiläum auch die ökumenische Perspektive im Blick hatte. Evangelische und katholische Christinnen und Christen feierten in Gottesdiensten oder gestalteten gemeinsam Konzerte. Es ging immer wieder um die Gemeinschaft aller Christen und unsere gemeinsame Aufgabe, den Glauben in unserem Engagement für das, was uns wichtig ist, zu bezeugen und zu leben. Aber auch im Dialog mit anderen Religionen standen Sichtweisen um die Bewahrung von Frieden und Gerechtigkeit und den sorgsamen Umgang mit Gottes Schöpfung in guter protestantischer Tradition zur Diskussion.
Der 31. Oktober markiert als Höhepunkt des Reformationsjahres 2017 scheinbar einen Schlusspunkt. Ich sehe diesen Tag aber zugleich auch als Sprungbrett: Von hier aus kirchliches Leben in Zukunft immer wieder lebendig und den Menschen zugewandt zu gestalten. Die Sache Luthers, Zwinglis, Calvins, Melanchthons und so vieler anderer Reformatoren weiter zu treiben, nämlich die frohe Botschaft vom liebenden und rechtfertigenden Gott zu möglichst vielen Menschen zu tragen. In diesem Sinne möge der Reformationstag 2017 zu einem heiteren Gipfelfest werden. Mögen die Glocken hell und weit erklingen!.
Gert Holle, Theologe und Referent für Öffentlichkeitsarbeit im Evangelischen Dekanat Büdinger Land