11.09.2018
Von Susanne Kleinmann
Sandra Hämmerle ist neue Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Büdingen. Am Sonntag fand ihre Ordination in einem feierlichen Gottesdienst in der Marienkirche statt.
(Büdingen/skl). Es sind mahnende Worte, die Sandra Hämmerle am 15. Sonntag nach Trinitatis predigt: "Prüft die Geister unserer Zeit." Die junge Frau ist neue Pfarrerin der evangelischen Kirchengemeinde Büdingen. Am Sonntag fand ihre Ordination in einem feierlichen Gottesdienst in der Marienkirche statt. Viele Büdinger sind zur Einführung gekommen, unterstreichen mit ihrem Besuch das aktive Gemeindeleben.
Die Ordination eines Pfarrers hat die Gemeinde schon lange nicht mehr erlebt. Die einer Pfarrerin noch gar nicht. Eine Premiere also. Und so ist schon beim Einzug der Pfarrer und Kirchenvorstandsmitglieder schnell klar: Es wird ein Festgottesdienst. Mit einem ganz wunderbaren Stück von Thomas Adams begleitet Anne Schneider den Einzug an der Orgel. Allen voran schreiten Sandra Hämmerle und Matthias Schmidt, Propst der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (EKHN). Ihnen folgen die Mitglieder des Kirchenvorstands sowie Dekanin Sabine Bertram-Schäfer, Pfarrer Andreas Weik und Kollegen aus Hämmerles Frankfurter Zeit. Es folgt eine sehr persönliche Begrüßung durch die Kirchenvorstandsvorsitzende Ines Ade und Pfarrer Weik.
Und schon das erste Lied scheint ein wenig für den Charakter Sandra Hämmerles zu stehen. "Weite Räume meinen Füße, Horizonte tun sich auf", singt da die Kirchengemeinde. Das scheint zu passen, denn auch Propst Schmidt beschreibt die neue Pfarrerin in seiner Ansprache so: "Für den Dienst in der Gemeinde bringen Sie viele gute Gaben mit. Von der Leitung einer Jugendgruppe bis zur Kirchenvorstandsarbeit. Sie haben viel Erfahrung in der kirchlichen Arbeit und bringen einen weiten christlichen und offenen Horizont mit." Das habe schon ihr Lehrpfarrer aus ihrer Zeit des Vikariats festgestellt. Denn der schrieb in seiner Beurteilung: "Mit Sandra Hämmerle gewinnt die EKHN eine Pfarrerin, die Menschen freundlich und offen begegnet." Der Propst gibt Hämmerle zwei Dinge mit auf den Weg: "Ich wünsche Ihnen seismografische Kompetenz, das heißt, die Fähigkeit, zu spüren, was unter der Oberfläche des Lebens passiert. Und geistliche Gelassenheit."
Geistliche Gelassenheit scheint Sandra Hämmerle zu haben. Keine Aufregung ist zu spüren an diesem für sie so besonderen Tag, sondern viel mehr pure Freude. Eine große Freude, nun endlich - nach einer langen Zeit des Studiums und unterschiedlicher Auslandserfahrungen, der Zeit des Vikariats und ersten Wochen als neue Pfarrerin in Büdingen - ordiniert und damit für ihr geistliches Amt gesegnet zu werden. Und die junge Frau scheint mutig und entschlossen. Das wird auch in ihrer Predigt deutlich, die sie im Anschluss an die Ordination hält. Es sind Worte von Paulus in einem Brief an die Galater: "Wenn wir im Geist leben, so lasst uns auch im Geist wandeln." In diesen Worten verdeutlicht er die Grundstimmungen menschlichen Handelns. Sie hat Hämmerle als Grundlage ihres Predigttextes gewählt. Die Pfarrerin spannt einen Bogen von Paulus' Worten in die heutige Zeit. "Wutbürger, Lügenpresse und Ausländerfeindlichkeit sind Schlagworte, die nicht zusammengehen mit Paulus' Ruf nach Liebe und Frieden", sagt die Seelsorgerin. Und weiter: "Dem heutigen Zeitgeist entspricht Durchsetzungs- und Willenskraft. Demut ist nicht gerade modern. Wer sich durchsetzt, gilt als Führungspersönlichkeit. Manch einer wird damit sogar Präsident."
Sandra Hämmerle scheint den Besuchern des Gottesdienstes aus der Seele zu sprechen, als sie mahnt: "Seid nicht überheblich, nicht neidisch, fordert einander nicht heraus, sondern prüft die Geister unserer Zeit."
Während der anschließenden Gespräche bei einem Empfang ist die Sympathie für die neue Pfarrerin deutlich spürbar. Die Kollegen in der Kirchengemeinde freuen sich auf die gemeinsame Arbeit. "Ich habe großes Glück, dass ich mit solchen Menschen zusammenarbeiten kann. Wir gehen kollegial und offen miteinander um und wertschätzen uns sehr. Ich freue mich sehr auf die Zusammenarbeit mit Sandra", schildert Kantorin Anne Schneider ihrer ersten Erfahrungen mit der neuen Pfarrerin.
Für diesen neuen Geist in der Büdinger Gemeinde findet auch Matthias Schmidt Anerkennung in seiner Ansprache: "Gemeinde wird in Büdingen gemeinsam gelebt. Es wird geschaut, was die Menschen von uns als Kirche brauchen." Dies sei sehr wichtig in einer Zeit, in der bestimmte Gruppen in der Gesellschaft Hass und Missmut säen und diese Saat auch aufgehe. Auch die Kirche spüre, ebenso wie Vereine und Parteien, eine gewisse Institutionsmüdigkeit. Umso wichtiger sei es, dass Kirche in der Bevölkerung präsent sei und unter die Menschen gehe. Das gelinge Sandra Hämmerle mit ihrer offenen und freundlichen Art auf außerordentliche Weise.
Und so sind es die Worte von Lisa Neuhaus, einer Pfarrerin, die Hämmerle aus ihrer Zeit aus Frankfurt sehr nahe steht, die besonders berühren: "Die Gott suchen, denen geht das Herz auf. Auch Dein Herz, liebe Sandra."