Von Susanne Kleinmann
(BÜDINGEN/sk) -- Mit einem fulminanten Konzert begeisterte die Regionalkantorei Büdingen in der Marienkirche. Eher unbekannte Werke der Renaissance standen auf dem Programm. Die Kantorei trug die Kompositionen gemeinsam mit den Solisten Doris Steffan-Wagner, Martin Steffan, Birgit Schmickler, Katharina Padrok, Christoph Kögel sowie dem Johann-Rosenmüller-Ensemble aus Leipzig vor. Die Leitung der Aufführung hatte die neue Kantorin Anne Wagner inne.
Für die junge Frau war es das erste Konzert dieser Art und sicher keine einfache Aufgabe. „Das Programm hat noch ihre Vorgängerin Barbara Müller zusammengestellt. Auch die Solisten hat sie ausgesucht. Anne Wagner musste dann in nur zwei Monaten das Konzert vorbereiten. Doch sie hat das bravourös gemeistert“, urteilte Sebastian Köhler, einer der Sänger der Regionalkantorei. Und auch Barbara Müller, die zu den Besuchern gehörte, zeigte sich begeistert von der Aufführung. „Als Zuhörerin in diesem Konzert an meiner alten Wirkungsstätte dabei sein zu dürfen, hat mich sehr bewegt“, so die ehemalige Kantorin.
Für das Ende des Reformationsjubiläums hatte sie noch in ihrer Funktion als Kantorin Musik aus der Zeit Martin Luthers für das Konzert ausgewählt. Das besondere: Alle Werke befinden sich als Handschriften im Archiv des Büdinger Schlosses. Mit einem Werk von Heinrich Isaac, das speziell für den drittletzten Sonntag des Kirchenjahres komponiert wurde, begann das Konzert. Gespielt vom Johann-Rosenmüller-Ensemble auf Kopien von Originalinstrumenten der Renaissance. Arno Paduch, Leiter und Gründer des Ensembles, spielte das Zink, ein historisches Blasinstrument, das wunderbar mit einem historischen Fagott, dem Dulzian, kontrastierte. Begleitet von einer Renaissanceposaune, einer lautenartigen Chitarrone, einer Truhenorgel sowie einer Violagamba. Durch die Verwendung der historischen Instrumente, eine präzise Interpretation der Werke und ein genaues Quellenstudium entfaltete sich eine sehr authentische Wirkung.
Begleitet wurde das Ensemble in diesem ersten Stück von Sopranistin Doris Steffan-Wagner, Tenor Martin Steffan, Christoph Kögel, der die Bassstimme übernahm, und Mezzosopranistin Birgit Schmickler. Aufs Wunderbarste verstanden es die Solisten, Isaacs recht komplexe Stimmführung auszuführen. Trotz der vierstimmigen Satzstruktur waren selten alle Stimmen gleichzeitig zu hören, wodurch ein regelrechtes Zwiegespräch entstand. Lange Passagen, die nur von zwei oder drei Stimmen beherrscht wurden, bestimmen das Werk. Besonders herausragend die Sopranistin, deren Stimme oftmals über den anderen Stimmlagen zu schweben schien.
Es folgte eine Messe von Josquin Desprez, nun gemeinsam mit den Sängern der Regionalkantorei. Desprez, der Luther nahe stand, beherrschte die kontrapunktische Kompositionskunst vortrefflich. Der Kontrapunkt ist eine der wichtigsten Kompositionstechniken der Renaissance und des Barocks. Für die polyphone Musik ist der Kontrapunkt von großer Bedeutung, da hier eine Gegenstimme zu einer vorhandenen Melodie gebildet wird. Gerade die Musiker der Renaissance und des Barocks verstanden es, diese Gegenstimme zu vorgegebenen Tonfolgen frei zu erfinden. In der Messe von Desprez harmonierte das Zusammenspiel von Solisten, Regionalkantorei und dem Ensemble ganz ausgezeichnet.
Die weitere Entwicklung der Kirchenmusik des 16. und 17. Jahrhunderts wurde in Psalm- und Liedvertonungen von Andreas Hammerschmidt sowie in Werken des thüringischen Komponisten Johann Rudolf Ahle dargestellt. Ein Höhepunkt des Konzerts war der Choral „Siehe wie fein“ von Andreas Hammerschmidt. Dabei verteilten sich die Musiker im Kirchenraum, sodass die Besucher regelrecht in die unterschiedlichen Klangfarben eingehüllt wurden. Während einige Musiker des Ensembles und ein Teil der Sänger der Regionalkantorei vor dem Altar musizierten, standen weitere Sänger der Regionalkantorei auf der Empore zur linken Seite der Besucher, die Solisten und der Chitarronespieler auf der rechten Empore. Mit einem gemeinsamen Auftritt aller Mitwirkenden und einem weiteren Werk von Hammerschmidt verabschiedeten sich die Sänger und Musiker. Es war ein gelungener und vielversprechender Start in die musikalische Arbeit der neuen Büdinger Kantorin.