Düdelsheim

Gott mal eben kurz Danke sagen

Von Susanne Kleinmann

 

(DÜDELSHEIM/suk) - Düdelsheim. Weihnachten, Karfreitag, Ostern, Pfingsten: Wie viele Kinder wissen heute noch, was diese Festtage bedeuten? Wer ist überhaupt dieser Gott? Mit Kindern den Glauben entdecken, unter diesem Motto bietet die evangelische Kirchengemeinde Düdelsheim in Zusammenarbeit mit dem Dekanat Büdinger Land aktuell eine Reihe von Treffen an, bei denen es genau darum geht. Um Gebete, Rituale, um Fragen nach Gott. Das Angebot richtet sich an Eltern, Großeltern und Paten von Mädchen und Jungen bis vier Jahren. Zwei Zusammenkünfte fanden bereits statt, zwei folgen noch. Es ist Halbzeit. Der Kreis-Anzeiger hat sich mit Christoph Karn, Vikar der evangelischen Kirchengemeinde Düdelsheim, der mit Gemeindepädagogin Renate Nagel-Kroll vom Dekanat das Angebot vorbereitet hat, über die Vermittlung von Glauben in der heutigen Zeit unterhalten.

 

 

 

  • INFOS
  • "Müde bin ich, geh zur Ruh..." - mit dieser ersten Zeile eines bekannten Gute-Nacht-Gebetes sind Eltern, Großeltern und Paten von Kindern bis vier Jahren eingeladen, über das Thema "Mit Kindern den Glauben entdecken" ins Gespräch zu kommen. Vikar Christoph Karn von der evangelischen Kirchengemeinde Düdelsheim und Gemeindepädagogin Renate Nagel-Kroll (Arbeit für und mit Familien im Dekanat Büdinger Land) haben dieses Angebot vorbereitet und wollen bei den Treffen Impulse setzen und Infomaterial zur Verfügung stellen. Zwei Veranstaltungen sind bereits vorbei. Inhaltlich standen am ersten Abend "Rituale und Gebete im Tageslauf" auf dem Programm. Ein weiterer Abendtermin am Montag, 11. Juni (20 Uhr), dreht sich um den Umgang mit schwierigen Kinderfragen. Ein Vormittagstermin am Mittwoch, 20. Juni (10 Uhr), wird der Vielfalt der Kinder-Bibeln gewidmet. Alle Treffen finden im evangelischen Gemeindehaus (Bei der Kirche 3) statt. Auch wer an keinem Treffen teilnimmt, ist für Sonntag, 24. Juni, zu einem Familiengottesdienst in der evangelischen Kirche eingeladen. Beginn ist um 11 Uhr. (suk)

Richtet sich Ihr Angebot ausschließlich an Erwachsene oder sind auch schon Kinder willkommen?

 

Die Treffen selbst richten sich an die Erwachsenen. Die ersten Fragen nach Gott werden schließlich zu Hause den Eltern gestellt. Die Familie ist auch in Glaubensfragen immer noch der wichtigste Bezug. Erst recht für kleine Kinder.

 

 

Eine Veranstaltung abends um 20 Uhr: Ist das nicht schwierig für Eltern von kleinen Kindern?

 

In immer mehr Familien müssen oder wollen beide Elternteile schon früh wieder arbeiten und haben nur abends Zeit. Dann kann eine Person beim Kind bleiben und die andere hat mal Zeit, zu einem der Treffen zu gehen. Bei Alleinerziehenden wird es noch deutlicher. Sie arbeiten überwiegend in Vollzeit, und wenn mal Zeit bleibt, dann nur abends, wenn beispielsweise die Großeltern auf das Kind aufpassen.

 

 

Sind christliche Rituale, wie das gemeinsame Beten vor dem Essen oder vor dem Schlafen, heute in Familien noch üblich?

 

Rituale sind ganz wichtig für Kinder. Zähneputzen, Schlafanzug anziehen und eine Gute-Nacht-Geschichte sind schon ein Ritual. Das gibt es in den meisten Familien und gibt Kindern Struktur im Tagesablauf. Das gemein-same Beten ist dabei sicherlich stark zurückgegangen. Aber auch das kann helfen, am Ende eines aufregenden Tages zur Ruhe zu kommen und friedlich einzuschlafen. Vor dem Essen kann es daran erinnern, wie glücklich wir sein können, dass wir haben, was wir zum Leben brauchen. Warum also nicht mal der Welt und Gott kurz "Danke" und "Gute Nacht" sagen?

 

 

Inwiefern haben sich solche Abläufe in den vergangenen Jahrzehnten verändert?
Früher war Religion selbstverständlicher. Da gehörte das Tischgebet oder der Gang in die Kirche für viele einfach dazu. Es war lange Zeit eine gesellschaft-liche Pflicht. Heute ist es eher eine freie Entscheidung. Das hat die große Chance, dass man sich ganz bewusst für oder gegen Religion entscheiden kann.

 

 

Sprechen Kindergottesdienst, biblische Geschichten oder das Krippenspiel Kinder heute noch an?

 

Nach meiner Erfahrung sind die Kindergottesdienste gut besucht. Und wenn die Kinder mal etwas in einem Gemeindegottesdienst aufführen, wie zum Beispiel beim Krippenspiel, platzen sie fast vor Stolz. Auch die biblischen Geschichten, die sie nachspielen können, oder das Vorlesen aus einer schönen Kinderbibel finden sie genauso spannend, wie manche Kinderbücher. Auch in der Bibel geht es viel um Freundschaft, Vertrauen oder Streit. Das kennen die Kinder und haben dazu eine Meinung.

 

 

Schaut man sich die Altersstruktur bei einem klassischen Gottesdienstbesuch an einem Sonntag an, scheint das Interesse an Kirche auf dem Weg ins Erwachsenenleben verloren gegangen zu sein. Wie erklären Sie sich, dass so wenig junge Menschen im Gottesdienst zu finden sind?

 

Auch der Gottesdienstbesuch hat sich in den vergangenen Jahrzehnten gewandelt. Mir ist bewusst, dass der klassische Gottesdienst vor allem für junge Erwachsene nicht besonders anziehend ist. Der Sonntagmorgen ist für viele auch eine Zeit mit der Familie, für Freunde oder für sich selbst. Dafür wächst aber das Interesse an besonderen Formen wie Abendgottesdienste, Adventsandachten, Gottesdienste im Freien oder mit besonderer Musik. Zudem haben der Oster- und Weihnachtsgottesdienst oder familiäre Anlässe, wie zum Beispiel die Einschulung, Taufen und Trauungen meines Erachtens sogar an Bedeutung gewonnen.

 

 

Wie kommt es, dass zum Beispiel die Zahl der jungen Menschen, die sich konfirmieren lassen möchten, so stark zurückgeht?

 

Mit einem Rückgang der Kirchenmitglieder geht auch tendenziell die Anzahl der Konfirmanden zurück, auch wenn es vermehrt vorkommt, dass sich Jugendliche im Zuge der Konfi-Arbeit taufen lassen und dadurch erst dann Kirchenmitglieder werden. Hinzu kommt auf längere Sicht der demografische Wandel. Damit sinken im Trend die absoluten Zahlen. Sich bewusst gegen die Konfirmation zu entscheiden, ist ebenfalls Teil einer zunehmenden Selbstbestimmung über die eigene Religion. Unter den evangeli-schen Jugendlichen ist im gesamtdeutschen Durchschnitt der Anteil derer, die sich konfirmieren lassen, aber seit Jahrzehnten konstant auf sehr hohem Niveau, etwa 90 Prozent. Die einzel-nen Jahrgänge können aber mitunter stark in ihrer Größe schwanken. Das ist durchaus normal.

 

 

Spielt der Glaube in unserer Gesellschaft überhaupt noch eine große Rolle?

 

Mit einer wachsenden Anzahl an Menschen, die sich keiner speziellen Religion zugehörig fühlen, nimmt natürlich auch die Bedeutung des Glaubens in unserer Gesellschaft ab, wobei die Fragen nach Sinn und Bedeutung nach wie vor entscheidende Fragen des Lebens sind. In unserer religiös vielfältigen Gesellschaft ist der christliche Glaube aber nicht oder nicht mehr die einzige Antwort auf solche Fragen. Ich nehme aber auch wahr, dass in einschneidenden Lebenssituationen, wie beispielsweise dem Tod eines Angehörigen, die Menschen nach Halt im Glauben fragen und ihn für sich neu entdecken können.
Darüber hinaus sind Glaube und Religion immer noch eine starke Stimme in Fragen der sozialen Gerechtigkeit und des friedlichen Miteinanders.

 

 

Wo ist Kindern die Kirche am nächsten?

Kirche ist Kindern dort am nächsten, wo es persönliche Kontakte gibt. Sei es durch Angebote wie Kindergottesdienste oder durch Pfarrer, die in der Grundschule Religion unterrichten. Jesus hat mal gesagt, wir sollen so werden, wie die Kinder. Dort, wo Kirche so lebt, ist sie Kindern nahe.