Bedeutende Funde, die bei Bauarbeiten nahe dem "Haus der Kirche" in Nidda gemacht wurden, übergab das Dekanat Büdinger Land jetzt dem Heimatmuseum zur dauerhaften Präsentation.

Dekanat übergibt historische Funde ans Heimatmuseum Nidda

Stolz auf den Stein in gutem Erhaltungszustand: Reinhard Pfnorr, Hans Otto Zimmermann, Reiner Isheim, Sabine Bertram-Schäfer und Martin Röhling (v.li.). Foto: Gert Holle
Stolz auf den Stein in gutem Erhaltungszustand: Reinhard Pfnorr, Hans Otto Zimmermann, Reiner Isheim, Sabine Bertram-Schäfer und Martin Röhling (v.li.). Foto: Gert Holle

Quelle: Kreis-Anzeiger – 31.01.2019

 

Von Elfriede Maresch

 

(NIDDA/em) - Ein großer Teil der Funde aus der Baustelle am "Haus der Kirche" wird jetzt im Heimatmuseum Nidda aufbewahrt. Dekanin Sabine Bertram-Schäfer und der stellvertretende Dekanatssynodalvorsitzende Hans Otto Zimmermann trafen sich zur Übergabe mit Museumsleiter Reinhard Pfnorr, seinem Stellvertreter Martin Röhling und Vorstand Hans Gotthard Lorch zunächst im Untergeschoss des Museums, im kleinen Lapidarium.

 

Im vergangenen Herbst wurde im Zuge der Bauarbeiten deutlich, dass die Baufläche sehr alter Siedlungsgrund gewesen sein muss und historische Überbleibsel zu finden waren. Der wichtigste Fund gelang Pfarrer Reiner Isheim. Bei einem abendlichen Gang über die Baustelle sah er aus einem Erdhaufen einen Stein hervorragen, dessen Oberfläche ihm näherer Betrachtung wert erschien (der Kreis-Anzeiger berichtete). Isheim hatte das richtige Gespür. Es war ein behauener, oben halbrund endender Sandstein. Auf der einen Seite mit der Jahreszahl 1551 versehen, am Rand mit zwei halbrund gegeneinander stehenden Bögen, auf der Vorderseite mit dem Johanniterkreuz, dessen acht schmale Spitzen an die acht Seligpreisungen der Bergpredigt erinnern. Die bereits vor Beginn der Bauarbeiten informierte archäologische Denkmalpflege des Wetteraukreises wurde kontaktiert und organisierte die Baubegleitung durch eine Fachfirma und die Wissenschaftliche Baugrund-Archäologie (Marburg). Unter der Leitung von deren Mitarbeiter Uwe Schneider kamen weitere Funde zutage: die Knochen von sieben Menschenskeletten, ein eiserner Reitersporn, dazu Keramikfragmente, öfter mit ornamentalen Reliefmustern an der Oberfläche. Pfnorr vermutet, dass es teils Bodenfliesen, teils Ofenkacheln, teil Gefäße waren. Aus diesen Funden zieht Kreisarchäologe Dr. Jörg Lindenthal den Schluss, dass der mittelalterliche Friedhof um die Johanniterkirche ausgedehnter war als gedacht, dass im Gebiet Johanniterturm und dem nahen "Haus der Kirche" wohl auch ein Wirtschaftshof war. Pfnorr denkt angesichts der Ofenkacheln-Fragmente auch an ein repräsentatives Gebäude. Kachelöfen waren Teil gehobener Wohnkultur, einfache Leute hatten direkt auf dem gestampften Lehmboden ihres Hauses ein offenes Feuer.

 

Lust und Last historischen Erbes: Die archäologischen Untersuchungen haben die Bauarbeiten verzögert und damit teurer gemacht. Doch das Dekanat steht zum achtsamen Umgang mit dem Erbe der Vergangenheit. So empfindet Dekanin Bertram-Schäfer die dauerhafte Aufbewahrung der Funde im Niddaer Heimatmuseum als glückliche Lösung und übergab jetzt offiziell die Knochen und den Stein. Keramikreste und Sporn sind in Marburg und werden wissenschaftlich untersucht. Pfnorr plant, die sortierten Knochen in säurefreien Archiv-Kartons aufzubewahren, die den Erhalt garantieren. Das lässt die Möglichkeit offen, sie später einmal paläo-anthropologisch zu untersuchen. Die sehr teuren Untersuchungen müssten dann allerdings vom Landesamt für Denkmalpflege getragen werden. Sie könnten wertvolle Erkenntnisse über Alter, Geschlecht, Vorerkrankungen, Ernährung und anhand der Abnutzungsspuren auch von der Arbeitsweise des Toten geben.

 

Martin Röhling, von Beruf Steinmetzmeister, plant, den Stein mit dem Johanniterkreuz auf einem kleinen Postament neben der weit älteren mittelalterlichen Grabplatte mit Kreuz im Lapidarium zu präsentieren. Diese wurde bei den Ausgrabungen zwischen 2005 und 2008 im Areal um den Johanniterturm gefunden und ist in ihrer Gestaltung äußerst selten. Mit dem neuen Fund ist das Konzept "Gang durch die Stadtgeschichte in Steinen" weiter ausgebaut, das Lapidarium ist für Besucher zugänglich. Röhling: "Während die Grabplatte in fünf Teile gesprungen war, ist der neue Stein in erfreulich gutem Erhaltungszustand!"