Quelle: Kreis-Anzeiger 6.06.2017
(RAINROD/(sw) - Es kann auch junge Menschen treffen: Durch einen Unfall oder eine plötzlich auftretende schwere Erkrankung kann man wichtige Angelegenheiten seines Lebens nicht mehr eigenverantwortlich regeln. Eine Situation, die besonders im Alter den Alltag belastet.
„Wer handelt und entscheidet dann für mich?, ist eine Frage, die man sich nicht früh genug stellen kann“, betonte Marion Grumbrecht. Die Mitarbeiterin beim Betreuungsverein im Diakonischen Werk Wetterau informierte auf Einladung der Diakoniestation Hoher Vogelsberg und der Kirchengemeinde Rainrod im evangelischen Gemeindehaus über das wichtige Thema „Vorsorgevollmacht, Betreuungs- und Patientenverfügung“. „Vorsorge treffen ist keine Sache des späten Lebensalters, das kann man schon ab 18 Jahren machen“, so die Empfehlung der Expertin.
Bankgeschäfte, Vermögensangelegenheiten, Wohnung, ärztliche Versorgung, die Aufnahme in ein Alten- oder Pflegeheim oder einfach nur die persönlichen Wünsche und Bedürfnisse – das sind Gebiete, für die man Vorsorge treffen sollte, für den Fall, dass man sie nicht mehr oder nur noch eingeschränkt selbst regeln kann.
Eine falsche Vorstellung sei, so die Referentin weiter, dass die unmittelbaren Angehörigen wie Ehepartner oder Kinder automatisch ein Sorgerecht hätten. Möglich sei dies nur mit einer Vollmacht oder, wenn man vom Betreuungsgericht (Amtsgericht) als Betreuer bestellt sei. Hat man für den „Fall der Fälle“ nichts geregelt, setzt das Gericht eine ehrenamtliche oder hauptberufliche Betreuungsperson ein, die alle wichtigen Entscheidungen trifft.
Eine Vorsorgevollmacht ermögliche ein hohes Maß an Selbstbestimmung und damit persönlicher Freiheit. „Allerdings sollten sie nur dann eine Vorsorgevollmacht erstellen, wenn sie einer oder mehreren Personen, die im Bedarfsfall für sie handeln, absolut vertrauen können“, merkte Grumbrecht einen wichtigen Aspekt einschränkend an. Zweckmäßig sei, die Vertrauensperson schon bei der Abfassung der Vollmacht mit einzubeziehen.
In einer Vollmacht sollten alle in Frage kommenden Angelegenheiten benannt und geregelt sein. Sind Bereiche nicht aufgeführt, können im Bedarfsfall für diese Aufgaben von den Amtsgerichten Betreuer eingesetzt werden.
Mit der Vorsorgevollmacht können umfassende Reglungen getroffen werden, sie ist im Bedarfsfall sofort gültig. Die bevollmächtigte Person kann sofort handeln, es müssen keine gerichtlichen Entscheidungen abgewartet werden. Es können mehrere bevollmächtigte Personen eingesetzt werden. Vollmachten können auch jederzeit widerrufen werden, wie die Referentin informierte. Eine Vorsorgevollmacht sei in ihrer Bedeutung höher einzustufen als eine Betreuungsverfügung, so Grumbrecht weiter.
Liegt keine Vollmacht vor, greift eine Betreuungsverfügung. Das ist insbesondere der Fall, wenn keine Vertrauensperson vorhanden ist. Betreuer sind dem Betreuungsgericht verpflichtet und werden von diesem kontrolliert. In einer Betreuungsverfügung können Personen festgelegt werden, die für eine gerichtlich verfügte Betreuung in Frage kommen. Außerdem können Personen ausgeschlossen werden. Möglich ist es zudem, in der Verfügung Wünsche und Gewohnheiten oder die Pflegeform im Versorgungsfall – zu Hause oder im Heim – zu hinterlegen.
Die Patientenverfügung gibt den schriftlichen Rahmen vor, wie man im Bedarfsfall behandelt werden möchte. „Damit erhalten sie sich ein Stück ihrer Selbstbestimmung, wen sie zum Behandlungszeitpunkt nicht mehr ansprechbar sind.“
Eine Patientenverfügung sei für Ärzte bindend, könne aber auch einen Bevollmächtigten oder gesetzlichen Vertreter verbindliche Anweisungen an die Hand geben, so Grumbrecht.
In der Patientenverfügung kann man Behandlungswünsche festlegen, zum Beispiel den Wunsch nach einer Schmerztherapie, auch wenn diese möglicherweise den Tod früher herbeiführt. Sinnvoll sei es, seinen Hausarzt oder andere Ärzte in die Abfassung einzubeziehen. „Überprüfen sie von Zeit zu Zeit ihre Patientenverfügung, damit diese immer ihren aktuellen Wünschen entspricht“, so der Rat Grumbrechts. Wichtig sei, einen Ablageort zu wählen, der im Bedarfsfall bekannt und zugänglich ist. Den Ort könne man zum Beispiel auf einen Zettel notieren. Auch der Hausarzt könne eine Verfügung aufbewahren.
Der Betreuungsverein im Diakonischen Werk Wetterau bietet jeden Montag von 10 bis 12 Uhr im Haus M4 (Mühlgasse 4) neben dem historischen Rathaus Sprechstunden an. Kontakt: Telefon 06044/965240, E-Mail marion.grumbrecht@diakonie-wetterau.de.