(Büdingen/myl) - Auf dem Boden der Ladenfläche liegen Pakete mit Laminat und jede Menge Werkzeug. Große Kühltruhen sind mit Folie abgedeckt, Holzregale türmen sich in der Mitte. Jürgen Geiss und Hubertus Gob verlegen den Fußbodenbelag. Die Zeit drängt. Am 23. Juni wird der Gutkauf im historischen Stadtkern unter der Leitung des Diakonischen Werks Wetterau wiedereröffnet. Viele Bewohner der Altstadt und aus der Nachbarschaft haben auf diesen Tag gewartet.
Es ist kurz nach neun. Ladenbesitzer positionieren ihre Waren vor der Ladentür und Wirte wischen die Stühle vor ihren Geschäften ab, halten ein Schwätzchen, werfen ein "Guten Morgen" über den Weg. Am Marktplatz schauen sich die ersten Besucher neugierig um, es riecht nach süßen Stückchen.
Der Gutkauf liegt mitten drin. Das große Schaufenster bot über Wochen eine traurige Kulisse. Dunkel, abgeklebt und durch die Türe fiel der Blick auf ausgediente Geräte. Würde es wirklich weitergehen?
Mit viel Herzblut und persönlichem Engagement hatte Silke Eckel 2014 den Laden von ihrem ehemaligen Lehrherrn und dem Hauseigentümer Wolfgang Rullmann übernommen. Es war ein mühsamer und kräfteraubender Versuch, den Altstadtbewohnern die Einkaufsmöglichkeit, den großen Discountern die Stirn zu bieten und gleichzeitig davon zu leben. Es reichte nicht aus. Anfang Januar übergab sie den Betrieb an die Diakonie.
Nun ist die Sicht ins Innere wieder frei. "Die Handwerker arbeiten sehr gut zusammen", sagt Anny Rahn-Walaschewski. Die stellvertretende Leiterin des Diakonischen Werks Wetterau schreitet durch die Räume und zeigt, was sich alles verändert hat. Alles wurde von Grund auf renoviert. "Wir haben hier viel Geld reingesteckt." Diese Woche steht der Boden an, nächste Woche der Thekenbereich, dann zum Schluss wird die schon blätternde blaue Farbe an der Säule und der Front im Eingangsbereich abgeschmirgelt und die Fassade aufgepeppt. Die Handwerker sind aus der Region, sagt Rahn-Walaschewski. Darauf habe man Wert gelegt. Mit Interesse beobachtet sie den Alltag zwischen den Fachwerkhäusern und die Menschen. Sie sind die potenziellen Kunden. Die Diakonie setzt auf Begegnungen, Gespräche, den Austausch mit ihnen. Letztlich entscheiden sie, ob sich der Laden mit Leben füllt und sich der Einsatz lohnen wird. Anny Rahn-Walaschewski ist guter Dinge, ohne dabei euphorisch zu sein.
Drei Mitarbeiter und zwei 450-Euro-Kräfte werden sich hier abwechseln. Zudem erhalten Menschen mit psychischen Erkrankungen oder seelischen Behinderungen die Gelegenheit, wieder in eine Alltagsstruktur zu kommen und je nach Belastbarkeit, ein paar Stunden im Laden zu helfen.
Die Frischfleischtheke und das deftige Mittagessen zum Mitnehmen werden die langjährigen Kunden wohl vermissen. Mehr Personal wäre notwendig, die Auflagen sind umfangreich. "Eventuell werden wir eingeschweißte Wurst oder Fleisch anbieten." Auch ist die Diakonie noch auf der Suche nach einem Bäcker. Jeden Tag stehen neue Entscheidungen an und kommt ein weiterer Baustein dazu. 200 Quadratmeter Verkaufsfläche gilt es attraktiv und gleichzeitig ökonomisch zu gestalten.
Anny Rahn-Walaschewski stimmt sich noch mal schnell mit den Handwerkern ab. Der neue Boden nimmt Form an. Es wirkt fast wie ein symbolischer Akt als Wolfgang Rullmann und Silke Eckel vor dem Gutkauf auf Anny Rahn-Walaschewski treffen und sich ins Gespräch vertiefen.