Bodenkundlerin berichtet in der evangelischen Kirchengemeinde Langen-Bergheim

Unser Boden – Netzwerk des Lebens

16.09.2019

 

(Langen-Bergheim/mc) - Zu einem Vortrag über das Thema „Boden - Netzwerk des Lebens“ hatten die evangelischen Kirchengemeinden Langen-Bergheim und Eckartshausen in das Gemeindehaus in Langen-Bergheim eingeladen. Referentin Dr. Maren Heincke, die beim Zentrum für gesellschaftliche Verantwortung der Evangelischen Kirche in Hessen und Nassau (Mainz) arbeitet, informierte über die Bedeutung des Erdbodens und dessen vielfältigen Funktionen.

 

„Die Bedeutung des Bodens wird bis heute unterschätzt“, sagte die Agrarwissenschaftlerin im bis auf den letzten Platz gefüllten Saal, unter ihnen auch Sabine Bertram-Schäfer, Dekanin im evangelischen Dekanat Büdinger Land, sowie zahlreiche Jugendliche und Konfirmanden. Denn der Boden sei eines der kostbarsten Güter der Menschheit: „Böden dienen der Ernährung. Auf Böden siedeln wir. In einem Hektar Boden ist eine Biomasse so groß wie das Gewicht von 20 Rindern. So sind die Böden auch nach der Tiefsee die größten Kohlenstoffspeicher der Welt“. Zudem übernähmen sie eine Kühlungsfunktion, was besonders in Zeiten des Klimawandels von Bedeutung sei.

 

Die Bodenkundlerin hob besonders die Wichtigkeit der Böden für den Wasserhaushalt hervor. Die guten Wetterauer Lößböden zeichneten sich durch die besondere Speicherfähigkeit von Wasser auch in trockenen Jahren aus, so dass immer noch achtbare Ernten eingefahren werden könnten, wenn anderswo alles vertrocknet sei. Böden seien außerdem Speicher vergangener Erdzeitalter und menschlicher Kulturen.

 

Erschreckend sei, dass weltweit zunehmend kriegerische Auseinandersetzungen um gute Böden geführt würden. Länder wie China würden weite Gebiete anderer, ärmerer Länder aufkaufen (landgrabbing), um ihre eigene Bevölkerung ernähren zu können. „Und auch wir Deutsche – wenn wir alles an Agrarexporten und –Importen verrechnen - belegen in anderen Ländern, insbesondere auch in Entwicklungsländern, noch ein Drittel mehr Fläche als die eigene Agrarfläche in unserem Land“, stellte Dr. Heincke fest. Gute Böden würden weltweit auch durch klimabedingte Änderungen verlorengehen, veröden oder im Meer, versinken oder erodierten durch unsachgemäßen Verbrauch, führte die Wissenschaftlerin weiter aus. Auf den Böden im Regenwald würden auch Futter- und Nahrungsmittel für die reichen westlichen Länder angebaut.

 

Rund eine Stunde zeigte Dr. Maren Heincke der sehr interessierten Zuhörerschar anhand von beeindruckenden Schaubildern und Tabellen die ungeheure Wertigkeit der heimischen Böden, wies auf die unterschiedlichsten Zusammenhänge hin, und machte deutlich, wie wichtig das Thema des schonenden, sparsamen und nachhaltigen Umgangs mit den Böden dieser Welt und hier vor Ort ist.

 

Immer noch würden bei der Ausweisung von neuen Wohn– oder Gewerbeflächen große Gebiete auf der grünen Wiese ausgewiesen, anstatt schon gebrauchte Flächen konsequent und intelligent zu nutzen oder zu recyceln. Pro Tag würden in Deutschland über 60 Fußballfelder an neuer Fläche unwiederbringlich versiegelt. Von der Politik gesetzte Umweltziele würden weit verfehlt. Man wisse zwar viel darüber, wie ein nachhaltiger Umgang mit dem Boden aussehen könne, aber an der Umsetzung hapere es, sagte Dr. Heincke.

 

“Einen wichtigen Beitrag leisten die Kirchen, indem sie Prozesse der Bewusstseinsbildung anstoßen und für das Thema sensibilisieren. Die jetzt lebenden Generationen sind vermutlich die letzten, die noch den Spielraum zum Handeln haben. Alle folgenden Generationen können dann, kehren wir nicht um, nur noch reagieren.“

 

Nach interessierten Rückfragen aus den Reihen der Zuhörer, beschloss Pfarrer Markus Christ den informativen Abend mit den Worten: „Nur wenn wir etwas näher kennen, können wir es besser schützen. Auch dieser Abend mag dazu dienen, dem stummen Boden eine Stimme zu geben.“