(NIDDA/em) - Mit den zwei bekanntesten Reformationskantaten Johann Sebastian Bachs, kurz nach der 200. Wiederkehr von Luthers Thesenanschlag in den 1720er-Jahren komponiert, schlug die Regionalkantorei bei der jüngsten „Nidda in Concert“-Veranstaltung am Reformationstag den Bogen zum Jubiläum.
Die Solopartien waren mit Karola Pavone (Sopran), Sofia Pavone (Alt), Florian Löffler (Tenor) und Tim Führ (Bariton) besetzt. Aus persönlichen wie aus musikalischen Gründen freut sich das Publikum, wenn die Pavone-Schwestern auftreten, die von Jugend auf mit der Niddaer Kirchenmusik verbunden sind. Inzwischen haben sie sich durch Studium und gleichermaßen anspruchsvolle Weiterbildung und Berufsaufgaben zu beeindruckenden Opern- und Konzertsängerinnen entwickelt. Es spielte die Kammerphilharmonie Bad Nauheim auf barocken Nachbauinstrumenten. Als Bläser waren Barockoboen und -trompeten sowie in der zweiten Kantate Oboen da caccia eingesetzt. Ebenso gehörten Pauke und Truhenorgel dazu. Dekanatskantorin Anja Katrin Krauße oblag die Gesamtleitung.
Gastgeberin für das große Konzert zum Reformationsjubiläum war die katholische Liebfrauengemeinde und Pfarrer Matthias Miedreich formulierte in der Begrüßung, was die Konfessionen auch nach dem Einschnitt der Reformation verbindet: „Christus und sein Wort stehen im Mittelpunkt“. Er sprach von Bach-Kantaten als „gesungenem Gebet“. Hilfsbereitschaft zwischen den Konfessionen sei zudem „oberhessentypisch“. Solange die kleinen katholischen Gemeinden nur Behelfsräume hatten, fanden die Firmungen oft in evangelischen Kirchen statt.
Feiner Zusammenklang
Ohne Instrumentalvorspiel begann die Kantate „Ein feste Burg“ in kräftiger Vertonung des ersten Verses mit Fugenelementen. Das gab gleich Gelegenheit, den feinen Zusammenklang des knapp 40-köpfigen Chores zu hören, insbesondere den Sopranen und Tenören wurden in beiden Kantaten große Höhen zugemutet. Die Auseinandersetzung zwischen Gott und Teufel, zwischen Gut und Böse ist ein zentrales Thema dieser Kantate. Trompetenpassagen, Paukenschläge brachten kämpferische Momente ein. Ein Duett von Sopran und Bariton folgte, Vertonung eines Textes des barocken Autors Salomon Franck, ebenfalls Beschreibung des Kampfes und Sieges „unter Christi Blutpanier“. Ruhige, klare Passagen waren der Sopranstimme in diesem Duett zugewiesen, während Bariton Tim Führ, ebenfalls auf Opernbühnen und Konzertsälen zu Hause, einen reich verzierten Part ausführte, besonders reizvoll durch die Untermalung mit den Barock-Oboen innerhalb des Orchesters. Insbesondere bei den Solo-Abschnitten fiel die dunkle, feine Besetzung der Basso continuo-Gruppe mit Cello, Kontrabass und Truhenorgel auf, eine Folie, von der sich die Singstimmen wirkungsvoll abhoben.
So auch bei der innigen Sopranarie „Komm in mein Herzenshaus“, der der zweite Vers des Liedes im Chorvortrag folgte, diesmal sieghafter und bei der Zeile „Ein Wörtlein kann ihn fällen“ kräftig von den Instrumentalstimmen, insbesondere den Streichern in raschem Tempo, unterstrichen. Die Kammerphilharmonie weiß durchaus, wechselnde Stimmungen expressiv wiederzugeben, etwa in der Begleitung des Duetts „...und wird zuletzt gekrönt, wenn es dem Tod erliegt“, von Sofia Pavone und Florian Löffler in verhaltener Glaubensgewissheit gesungen.
Manchmal wird in der Literatur diese Kantate als „Hymnus des Protestantismus“ bezeichnet. Erfreulich, dass Katrin Anja Krauße und die Ausführenden weniger auf demonstrative „Programmmusik“ als auf einfühlsame Interpretation setzten. Das machte den Chorvortrag des dritten Verses, insbesondere die schlicht-eindringliche Schlusszeile „...das Reich muss uns doch bleiben“, weit überzeugender.
Schlusschor
Den subtilen Klangreichtum höfischer Barockmusik konnten die Zuhörer bei sechs Tanzsätzen aus Bachs Orchestersuite Nr. 1 genießen. Heller, freudiger wirkte die zweite Kantate „Gott, der Herr, ist Sonn und Schild“. Den festlichen Charakter des Eingangschorals unterstrichen in der Instrumentalbegleitung insbesondere die Oboen di caccia und die Pauke.
Sofia Pavone brachte die Arie „Gott ist unser Sonn und Schild“ mit ihren reichen Verzierungen leicht und klar, ehe der Choral „Nun danket alle Gott“ in opulentem Chor- und Orchesterklang folgte. Damit kontrastierte das nur sparsam begleitete Baritonrezitativ mit der Bitte um Erleuchtung der „noch Blinden“, gefolgt vom hellen Lob des beschwingten Duetts „Gott, ach Gott, verlass die Deinen nimmermehr“ und dem machtvollen Schlusschor „Erhalt uns in der Wahrheit“.
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