Quelle: Kreis-Anzeiger 24.04.2017
KABARETT: Ingmar Maybach und Markus Rau in der Stadtkirche zu Gast / Satire und Botschaften
(NIDDA/em) - Ist die Reformation ein Thema für Kabarett? Schon, wenn die Wartburg Brothers, der Kabarettist und Pfarrer Ingmar Maybach und der Organist und Pianist Markus Rau, mit ihrem Programm auftreten. So kam „CSU“ – Christlich Satirische Unterhaltung – in die evangelische Stadtkirche Nidda.
Maybach schilderte die Freuden und Leiden des Pfarrerlebens: die Stressphase Samstagabend vor dem Predigtmanuskript, den Unmut des Frauenkreises, wenn sich der Pfarrer nicht mindestens alle 14 Tage blicken lässt. Und was ist mit der Freude junger Paare, die sich das Ja-Wort geben wollen? Der Chorraum wird in Licht getaucht, Rau steht am E-Piano, Maybach greift zur Gitarre und singt vom Countdown des Brautpaares, von unzähligen Telefonaten mit dem Pfarrer zur Detailklärung des möglichst stilvollen Festgottesdienstes. Eine Woche vor dem Hochzeitsdatum ist dann die Braut am Telefon. Der Reifrock passt nicht durch den schmalen Mittelgang der Kirche. „Wir heiraten doch lieber im Nachbarort“. Maybachs Fazit: „Lieber zwei Beerdigungen als eine Trauung.“
Bei Taufen heißt es, seelsorgerlich schnell zu schalten. Erst im Taufgottesdienst wird es dem Pfarrer klar, dass das Geschwisterpärchen nicht einfach Lea und Luke, sondern (Prinzessin) Leia und Luke (Skywalker) heißt. Gerade noch rechtzeitig schafft er den Schlenker: „Und möge die Macht Gottes mit euch sein!“
Selbstironie und pfiffiges Spiel mit Musik – das ist das Markenzeichen der Wartburg Brothers. So spielt Maybach mit dem Gedanken, beim nächsten Eurovision Song Contest aufzutreten. Schließlich geht es in der Bibel um Schlagerrelevantes wie Sehnsucht, Einsamkeit, Liebe. Ein Schritt hinter die Glitzerwand und schon hat sich Maybach mit quietschbuntem Jackett und Sonnenbrille in Ingmar Guildo Alexander verwandelt. Schmelzende Töne erklingen. Zum Amüsement der Besucher wabert Disconebel im Raum, und Maybach zieht mit Samtstimme biblischen Inhalten ein flottes Schlagerkleidchen über und besingt Gott: „In deinen Armen fühl‘ ich mich geborgen...“
Der Kabarettist lässt den Kirchenraum in „romantisch blaues Vorzeigelicht“ tauchen und stellt seinen Beitrag im EKHN-Buch zum Reformationsjubiläum „Wo Glaube ist, da ist auch Lachen“ vor, eine Turbozeitreise samt Parallelen über die Jahrhunderte hinweg. Was ist Angela Merkels „Das ist alternativlos“ schließlich anderes als Luthers „Hier stehe ich, ich kann nicht anders“? Maybach kommt auf die „Blaupause des IS“, das radikale Täuferreich in Münster, zu sprechen, erkennt in den dortigen öffentlichen Hinrichtungen „das Äquivalent zu You Tube“. Es gibt aber mehr als satirische Gags. Da ist die Botschaft im Lied „Reformation ist immer“: „Und wenn sich etwas ändern soll, Dann sorge selbst dafür. Dann nagle deine Thesen/Doch an die richt´ge Tür...“ Und Maybach hat Vorschläge: Wie wäre es mit Bankportalen oder dem Eingang der DFB-Geschäftsstelle?
Maybach stellt das „Lied vom fahrenden Kirchenkabarettisten“ als Gemeinschaftsprojekt mit Paul Gerhardt und Johann Sebastian Bach vor. Und fordert die Zuschauer zum Skandieren von Wolfgang Petrys „Hölle, Hölle, Hölle“ auf, derweil Markus Rau der Kirchenorgel polyphone Fluten entlockt und „Ein feste Burg“ ein vollständig neues Gesicht bekommt. Auf den anhaltenden Applaus der Zuhörer gewährt Maybach noch ein Schmankerl: Ein biederer Vater aus dem Ruhrgebiet will seinen Sohn taufen lassen und gerät an den EKD-Sprachcomputer, der ihn schließlich der Sparte „Selbstmordkandidaten“ zuordnet – künstliche Intelligenz als Seelsorge von morgen!
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Fußspuren im Schnee: © Rolf Oeser / fundus-medien.de