Festwoche zur Orgeleinweihung in Nidda wird mit besonderem Tanzabend fortgesetzt

Von Elfriede Maresch

 

 

(NIDDA/em) - Von „einem ganz anderen Tanz in den Mai“ sprach Pfarrerin Heike Schalaster, als sie zu einer weiteren Veranstaltung der Orgelwoche unter dem Motto „KonzerTanz“ in der Stadtkirche begrüßte. Für die 80 Besucher verband sich die Frühlingsatmosphäre des hellen Abends mit dem Kennenlernen der neuen Orgel, dem expressiven Tanz von Theresa Gehring und Katharina Huber, dem Orgelspiel von Dekanatskantorin Katrin Anja Krauße. Theresa Gehring, geboren 1990, wurde in Klassischem und Zeitgenössischem Tanz bei namhaften Choreografen wie auch an der berühmten Palucca-Schule Dresden ausgebildet. Sie ist als Ballettlehrerin im Raum Gießen tätig und wirkt in Theaterproduktionen mit. Katharina Huber, Jahrgang 1993, ist Mitglied der Ballettensembles mittelhessischer Theater. Die beiden Tänzerinnen sind schon mehrfach in Kirchen aufgetreten, entwickeln assoziative Choreografien zu Musik.

 

Johann Sebastian Bachs Präludium in Es-Dur, in machtvollen Akkorden beginnend, war noch ohne Tanzbegleitung. Zarte, verzierte Passagen im Flötenregister schlossen sich an, dann hell-dunkle, fast wehende Melodiestimmen, ein variationenreiches, wechselndes Sich-Umspielen dieser drei Elemente. Bach habe das Werk als Klangbild von Gott Vater, Sohn und Heiligem Geist konzipiert, erläuterte Katrin Anja Krauße im Nachgespräch. Der Choral „Herr Jesu Christ, dich zu uns wend“ in einer Bearbeitung als Trio folgte, und die beiden Tänzerinnen waren zu sehen. Die Haare streng hochgesteckt, in schwarzer Ballettkleidung, aber mit blauen, leichten Röckchen kamen sie wie „hereingeweht“, schienen ebenso Teil des Frühlings zu sein wie die üppigen Flieder- und Rhododendronsträuße im Chorraum. Überwiegend waren ihre Tanzbewegungen synchron, die beiden jungen Frauen schienen sich im Einklang mit der Musik in fließende Körperornamente zu verwandeln. Geschickt nutzten sie auch bei den nächsten Stücken Raumwirkung, verschwanden hinter dem Altar, tauchten unvermutet wieder auf.

 

Mit Jean François Dandrieus „Magnificat“ folgte eine charakteristische Komposition des französischen Orgelbarocks, feiner, vielleicht verspielter als die vorangegangenen Bach-Werke, aber zugleich von gehaltvoller Andacht. „Ich konnte hier subtile Tonmischungen bringen, etwa mit dem Trompeten-, dem Cornettregister, die auf der alten Orgel nicht möglich gewesen wären“, betonte Krauße. Die Tänzerinnen bezogen dabei mit Sprüngen, mit Boden- und Kreuzungsfiguren mehr Raumdimension ein. „Vier altenglische Kontratänze“ hatte Krauße in reizvollen Stimmungskontrasten ausgewählt, mit verspielten Schleifen der erste; dunkler, getragener, voluminöser, mit einer melodiösen Oberstimme der zweite. In gedämpften Spaltklängen, einer Verbindung von Vox Humana und Siff-Flöt der Orgel folgte der dritte, während der vierte lebhafter klang und an das Getümmel dörflicher Tänze erinnerte. Huber und Gehring hielten sich nicht an historische Kontratanzmuster, die auch eher gruppengebunden waren. Sie bewegten sich mit roten Chiffontüchern in den Händen, die wie Flammen aufflatterten und die Blicke der Zuschauer auf sich zogen.

 

Ganz anders wieder die „Lintanies“ von Jehan Alain: bittend, in wechselnden bis sehr raschen Tempi, in schmerzlichem Moll, ein Klangbild der friedlosen, auf den Krieg zutreibenden Welt. Die Tänzerinnen, jetzt ganz in schwarz gekleidet, unterstrichen diese Stimmung mit Bittgebärden, manchmal fast kniend, die Hände wie Schalen nach oben geöffnet.

 

Als lautmalerisches Klangbild einer afrikanischen Steppe samt stampfenden Elefanten und schleichenden Raubkatzen erwiesen sich die „Deux Danses à Agni Yavishta“, eine Orgelkomposition ohne begleitenden Tanz.

 

Krauße schloss mit Felix Mendelssohn-Bartholdys „Vater unser“-Sonate, einer variationenreichen Abwandlung des Chorals, melodiös, in wechselnden Stimmungen, ganz in der Atmosphäre der deutschen Romantik. Es habe ihr Freude gemacht, viele Möglichkeiten der Orgel aufzuzeigen: die Streicherstimmen, den Einsatz von Pedal und Manual, sagte sie nach dem Konzert.

 

Begeisterter, langer Beifall kam aus dem Publikum, auch Bravo-Rufe waren zu hören – es war tatsächlich ein ganz anderer „Tanz in den Mai“-Abend, der lange im Gedächtnis bleiben wird.