Von Klaus Nissen
(WÖLFERSHEIM/kn) - Schon im Spätsommer soll Rewe mit dem Bau seines Nachschub-Zentrums zwischen Wölfersheim und Berstadt beginnen können. Das Aktionsbündnis Bodenschutz wehrt sich nun mit einer Verwaltungsklage gegen den Bau des mehr als 20 Meter hohen und 100 000 Quadratmeter großen Lagerhauses.
Das wohl größte Gebäude der Wetterau plant Rewe mit Unterstützung der Gemeinde Wölfersheim. Das Hochregallager soll ab der zweiten Jahreshälfte an der Autobahn-Auffahrt Wölfersheim gebaut werden, entlang der Bundesstraße 455 und der Kreisstraße nach Echzell.
Die Grundfläche der Halle erstreckt sich über zehn Hektar - so steht es in der 34-seitigen Projektbeschreibung der Gießener Bauleitplanerin Elisabeth Schade. Sie hat den Bebauungsplan im Auftrag der Gemeinde geschrieben. Die Gemeinde Wölfersheim will das rechteckige Grundstück von den Eigentümern kaufen und es dem Rewe-Konzern übergeben. Der Bebauungsplan soll im Frühjahr offengelegt werden, kündigte Bürgermeister Rouven Kötter (SPD) gestern an.
Doch es gibt Gegenwehr. Mithilfe des Verwaltungsgerichts Gießen und notfalls auch des Kasseler Verwaltungsgerichtshofs versucht das Aktionsbündnis Bodenschutz, das Lager zu verhindern. Kurz vor Weihnachten schickte es die Klageschrift gegen die Zweckentfremdung wertvollen Ackerlandes nach Gießen. Das sagte gestern Werner Neumann vom Landesvorstand des Bundes für Umwelt und Naturschutz (BUND). Ideell und finanziell stehen dahinter auch der Kreisbauernverband, die evangelischen und katholischen Dekanate, der Naturschutzbund (Nabu) und die von Direktvermarktern und Biobauern gegründete Arbeitsgemeinschaft bäuerliche Landwirtschaft.
Schon der Begriff "Logistikpark an der A45" regt Neumann auf. Das rund 30 Hektar große Gewerbegebiet werde nichts weniger als ein Park, schimpfte der frühere Leiter des Frankfurter Umweltamtes bei der Pressekonferenz im ehemaligen Predigerseminar an der Friedberger Burg. Man müsse den Acker bei Berstadt retten, ergänzte Kreislandwirt Michael Schneller. "Wir leben davon." Die Böden dort gehörten zu den fruchtbarsten der Welt. "Uns Bauern wird immer mehr Fläche entzogen", klagte der Kreislandwirt und verwies auf die Pläne der Stadt Frankfurt, zwischen Praunheim und Steinbach 550 Hektar Acker in einen neuen Stadtteil zu verwandeln. Das Maß sei voll, sagten Wolfgang Dittrich von der Evangelischen Kirche, die Nabu-Kreisvorsitzende Doris Jensch und der Biobauern-Vertreter Joerg Weber. "Immer mehr Verbraucher wollen regionale Erzeugnisse", so Weber. "Aber wenn man uns den Acker dafür wegnimmt, haben wir ein großes Problem."
Die Verwaltungsklage richtet sich formal gegen eine im Oktober vom Regierungspräsidium Darmstadt genehmigte Zielabweichung des aktuellen Flächennutzungsplans. Das Gelände gilt jetzt nicht mehr als Landwirtschafts-, sondern als Gewerbefläche. Die Klage gegen den Lagerhaus-Bau habe aufschiebende Wirkung, sagt Werner Neumann vom BUND. Doch die Gemeinde Wölfersheim hat schon vor der Klage den Sofortvollzug der Planänderung beantragt, so Bürgermeister Kötter auf Nachfrage. Das Regierungspräsidium hat den aber noch nicht entschieden.
Mit dem parallelen Bebauungsplan-Verfahren will Kötter so schnell wie möglich Baurecht für das Logistikzentrum von Rewe schaffen. Sobald es besteht, könnten nach Angabe des BUND unwillige Grundstücksbesitzer sogar enteignet werden. Die Verwaltungsklage nimmt Kötter nach eigenem Bekunden "relativ entspannt" zur Kenntnis. "Ich bin nicht einmal sicher, ob die Klage überhaupt zugelassen wird." Das Logistikzentrum sei mit einem "absolut sauberen Verfahren" in die Wege geleitet worden. Das Regierungspräsidium habe alle fachlichen Argumente sehr gewissenhaft geprüft.
Aber warum hat es die Gemeinde so eilig mit dem Bau? "Das Projekt hat einen ehrgeizigen Zeitplan", sagte Kötter. "Ich habe kein Verständnis dafür, dass nun seitens des BUND, finanziell von den beiden grünen Wölfersheimer Gemeindevertretern unterstützt, gegen diese Entscheidung geklagt wird. Ich gehe nach wie vor davon aus, dass wir im Spätsommer 2018 Baurecht für das Gelände haben werden."
Die Bauherren von Rewe wollen laut Projektbeschreibung die Nachschublager von Rosbach und Hungen nach Berstadt verlagern, ohne die alten Standorte aufzugeben. Auf den verkehrsgünstigen liegenden Ackerfluren "Im Kleinen Feld" und "Auf der Flurscheide" könne man effektiver und rund um die Uhr die Touren zu den Supermärkten in Gang setzen.
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