(SCHOTTEN/(sw) - "Es ist vollbracht!" Um 11.20 Uhr verkündete am Mittwoch in 56 Metern Höhe Pfarrer Udo Heuermann Vollzug. Die Turmzier war wieder zurückgekehrt an ihren angestammten Platz auf der Spitze des großen Vierungsturms der Liebfrauenkirche. Vor genau 197 Tagen waren Wetterhahn, Eisenkreuz und Knauf von der Spitze des Turmes im Rahmen der umfangreichen Sanierung abgenommen worden.
Die stark von den Witterungseinflüssen in Mitleidenschaft gezogene Turmzier wurde in monatelanger Arbeit im Unternehmen von Flaschnermeister Torsten Schneider (Freigericht) wieder herausgeputzt und Kugel sowie Hahn mit neuem Blattgold belegt.
Bevor mit dem Zusammenbau der gut in Watte verpackten Teile auf der obersten Ebene des Gerüstes begonnen werden konnte, wurden am Boden neben dem Haupteingang der Kirche die letzten Vorbereitungen getroffen. Erwin Mengel, Mitglied des Stiftungsbeirats, hatte eine Lautsprecheranlage aufgebaut, über die er live - zunächst am Boden und später auf dem Gerüst - die Montage der Turmzier kommentierte. Architekt Matthias Frischmuth (Gelnhausen) unterzeichnete dann als Letzter die prächtig gestaltete Erinnerungsurkunde, auf der zuvor sich schon der Kirchenvorstand und der Beirat der Stiftung Liebfrauenkirche für die Nachwelt verewigt hatten. Die Urkunde kam zusammen mit einem von Erwin Mengel gestalteten Fotobuch, 8,88 Euro in Münzen, fünf Luftaufnahmen von Schotten, der Weihnachtsausgabe 2016 des Kreis-Anzeigers sowie alle in der Zeitung veröffentlichen Berichte über die Baumaßnahme und schließlich drei Briefe der evangelischen Kirchengemeinde in eine Kupferschatulle, die im Knauf der Turmzier verstaut wurde. "Vielleicht wird sie in 100 Jahren, wenn wieder eine Sanierung anstehen könnte, geöffnet", mutmaßte Hans Otto Zimmermann, der Vorsitzende des Kirchenvorstandes.
Über den Aufzug und die letzten Meter mit Armkraft und der Hilfe eines Seils wurden dann die Einzelteile der Turmzier auf die Spitze des Gerüstes gebracht. Torsten Schneider und zwei seiner Mitarbeiter begannen sofort mit den letzten Vorbereitungen für die Montage, erwartungsvoll beäugt von Hans Otto Zimmermann, Ortsvorsteher Ehrhard Habelt, Architekt Frischmuth und Elektromeister Hans-Ulrich Stete. Erwin Mengel hielt mit Mikrofon, Filmkamera und Fotoapparat alle Arbeitsschritte fest und berichtete live für einige Schaulustige am Boden und auf mehreren Dachterrassen über das Geschehen an der Spitze des Kirchturms.
Zunächst wurde über dem sogenannten Kaiserstil, eine Metallfassung, die an der Spitze des Eichengebälks angebracht ist, ein kupferner Schaft übergestülpt. Dann gab es eine kleine Verzögerung: Ein Bodenbelag des Gerüstes war zu dicht an die Spitze des Turmes gebaut, sodass der Turmknauf nicht eingepasst werden konnte. Kurzerhand entfernte Gerüstbauer Ralf Hühn das Stahlbrett, und der Einbau konnte weiter gehen. Als der goldene Knauf fest fixiert war, verstaute Flaschnermeister Schneider die kupferne Schatulle mit den Zeitdokumenten in der vergoldeten Kugel. Dann wurde das Eisenkreuz in den Schaft des Kaiserstils gesetzt, was einige Probleme bereitete. Schließlich stieg Torsten Schneider auf das Kreuz, das den Körperkräften nachgab und in der vorgesehenen Position einrastete.
Bevor der neue Goldhahn aufgesetzt wurde, legte der Flaschnermeister noch eine kleine Glaskugel auf die eingefettet Kreuzspitze. "Damit der Hahn sich immer in alle Richtungen gut drehen kann", informierte der Fachmann. Das eiserne Kreuz wurde fixiert und steht fest im rechten Winkel zur Marktstraße.
Pfarrer Udo Heuermann, der vor fünfeinhalb Monaten den Hahn abgenommen hatte, setzte nun den restaurierten Goldschmuck auf die Spitze des Kreuzes. Damit war das Werk des Tages vollbracht. "Nicht die Watte abzupfen, das besorgt der Wind", meinte Schneider zu dem Versuch Heuermanns, letzte Reste der Verpackung von Wetterhahn zu lösen. Dann stimmte der Pfarrer auf seiner Trompete "Nun dankt alle Gott" an und die Beteiligten an der Kirchturmspitze sangen mit. Hans Otto Zimmermann dankte den Handwerkern, darunter auch den Zimmerleuten der Firma Knöss, in kurzen treffenden Worten: "Es hat alles wunderbar geklappt. Hoffen wir, dass auch die weiteren Arbeiten unfallfrei verlaufen."
In den kommenden 14 Tagen wird das Gerüst bis kurz oberhalb der Turmuhren zurückgebaut. Dadurch werden auch die Standkosten von wöchentlich 5100 Euro für das Gerüst reduziert. Voraussichtlich im Oktober sollen die Arbeiten am Kirchturm komplett abgeschlossen sein.