Quelle: Kreis-Anzeiger - 18.02.2017
SANIERUNG: Stiftung Liebfrauenkirche eröffnet Ausstellung zu historischen Schätzen aus dem Turmknauf
(SCHOTTEN/sw) - „Das war ein ganz spannender Augenblick, als wir den Knauf öffneten. Was wird da alles drin sein? Das war die Frage“. Erwin Mengel erinnerte am Donnerstag an dieses besondere Erlebnis, als in den Geschäftsräumen der Sparkasse Oberhessen im Beisein vieler interessierter Gäste die Ausstellung „Schätze aus dem Turmknauf der Liebfrauenkirche“ eröffnet wurde.
Mengel, Beiratsmitglied der Stiftung Liebfrauenkirche, hat die Sanierungsarbeiten am großen Vierungstrum des rund 650 Jahre alten Gotteshauses hautnah mitverfolgt. Er war auch dabei, als am 29. November vergangenen Jahres die sogenannte Turmzier – der Knauf, das schmiedeeiserne Kreuz und der Wetterhahn – vom Turm abgenommen wurde. Beim Öffnen des Knaufs in der Flaschnerei Schneider (Freigericht) kam eine Schatulle zu Tage, die die wertvollen Schätze enthielt, die jetzt in der Ausstellung zu sehen sind.
61 Jahre lang war die Turmzier in rund 55 Metern Höhe auf der Spitze des hoch aufragenden Turms angebracht. „Wir möchten der Schottener Bevölkerung die Möglichkeit geben, selbst die markanten Fundsachen von der Turmspitze in Augenschein zu nehmen, die auf historische Ereignisse in Schotten aufmerksam machen“, so Mengel weiter.
Der Fundus aus dem Turmknauf ist reichhaltig. Mit Urkunden und vielen Originalbildern sind vor allem die beiden früheren Turmsanierungen in den Jahren 1913 und 1955 dokumentiert. Anschaulich zu sehen sind beispielsweise die damaligen Gerüste, die heutigen Sicherheitsanforderungen wohl kaum genügen würden. Oder weitere Ausbesserungsarbeiten aus dem Jahr 1906, als die Arbeiter – ohne Gerüst – nur an Halteseilen aus den Dachfenstern heraus „gesichert“ waren. In Bildern festgehalten ist auch die kleine Feier aus dem Jahr 1955, als der aufgefrischte Wetterhahn der Schottener Bevölkerung vor der Montage auf dem Turm präsentiert wurde.
Besonders interessant ist in diesem Zusammenhang eine im Turmknauf entdeckte kleine Filmrolle mit einem sechs Millimeter breiten Tonband. Das akustische Zeitdokument konnte wieder hörbar gemacht werden und ist auf einer CD für die Nachwelt erhalten. Auf der Tonspur hatte der damalige Zeitungsreporter Gerhard Wenzel den Ablauf der Feier mit den beteiligten Kirchenvertretern und Handwerkern festgehalten.
Ansichtskarten von 1910 geben einen Eindruck vom damaligen Schotten. Interessant sind auch Zeitungsausgaben vom Schottener Kreisblatt – inklusive einer Anzeigenseite – aus den Jahren 1911 und 1913 oder dem „Kreisblatt für den Kreis Büdingen“ aus dem Jahr 1955.
Zu sehen sind zudem Originalmünzen und Banknoten. Darunter befindet sich ein Geldschein mit dem Wert von 1000 Reichsmark, der von einem Spender für die Kirchturmsanierung 1911 zur Verfügung gestellt worden war.
Mengel hat zudem zahlreiche Bilder für die Ausstellung aufbereitet, die die aktuellen Sanierungsarbeiten und deren Fortgang am Turm zeigen. Sie vermitteln auch einen anschaulichen Eindruck über die Schäden, von denen die komplizierte Konstruktion aus Jahrhunderte alten Eichenbalken befallen ist. Weitere Aufnahmen zeigen den „Blick von oben“, von der Spitze des Gerüsts, auf die malerische Schottener Altstadt und die angrenzenden Stadtteile.
Neben den vielen informativen Einblicken hat die Ausstellung noch einen weiteren Zweck, erklärte Mengel. Wetterhahn und Turmknauf werden vergoldet, das Eisengitter schwarz gestrichen und die Spitzen vergoldet, bis sie – voraussichtlich im November – als Abschluss der Sanierungsarbeiten wieder auf der Turmspitze verankert werden. Auch die arg ramponierten Ziffernblätter der beiden Turmuhren werden neu vergoldet. Das wird teuer. Darum bitten die Kirchengemeinde und die Stiftung um weitere Spenden auf das Konto bei der Sparkasse Oberhessen (Zahlungsempfänger: Stiftung Liebfrauenkirche, IBAN: DE50 5185 0079 0027 0125 07). Die Kirchengemeinde steht finanziell stark in der Pflicht: Von den voraussichtlich 2,5 Millionen Euro Baukosten muss die Gemeinde ein Fünftel tragen, also 500 000 Euro. Derzeit beträgt das Spendenaufkommen rund 40 000 Euro.
Pfarrer Heuermann und Kirchenvorstandsvorsitzender Hans Otto Zimmermann dankten Erwin Mengel für die umfangreiche Vorbereitung der Ausstellung. Die zeitgeschichtlichen Exponate sind noch bis zum 28. Februar während der Geschäftszeiten der Sparkasse zu sehen.