(SCHOTTEN/ka) - "Gesteigert festlich" bot sich der Innenraum der Liebfrauenkirche nach dem Entfernen der Gerüste im Chorbereich den mehr als 200 Besuchern des Schottener Weihnachtsoratoriums. Gespannte Erwartung war zu spüren und wurde letztlich auch nicht enttäuscht. Als Abschluss des Reformationsjahres wie auch der Turmsanierung sollten die Teile I bis III von Johann Sebastian Bachs Werk aufgeführt werden - eine anspruchsvolle Aufgabe, die sich die Kantorei Schotten und der Jugendchor der Kirchengemeinde wie auch Dekanatskantor Kiwon Lee da vorgenommen hatten.
Seit Februar hatte Lee das Werk mit den Chören erarbeitet und leitete jetzt die Gesamtaufführung. Die Solopartien sangen Christian Dietz (Tenor), Frederic Mörth (Bass) sowie - ein weiteres Element gespannter Vorerwartung beim Publikum - die beiden Schottenerinnen Katja Grimm (Sopran) und Katrin Louisa Hruschka (Alt). Interessant war auch die Besetzung des begleitenden Barockorchesters "La Réjouissance" mit Geige, Viola, Cello, Violone, Trompete, Traversflöte, Fagott, Barockoboe, Oboe di Caccia sowie der Truhenorgel. Bevor es aber mit dem Musikgenuss losging, hieß Dekanin Sabine Bertram-Schäfer alle im "Vogelsberger Dom" willkommen und dankte den Sponsoren und dem Förderverein Kirchenmusik, die diese Aufführung der Reihe Musikmomente erst möglich gemacht hatten.
Ausdrucksstark
Dann war es endlich soweit. Ein erfreuliches "Wiederhören" bot schon "Jauchzet, frohlocket", der sehr populär gewordene, feierliche Eingangschor, den das volle Orchester begleitete. Die Chorstimmen boten ein ausgewogenes Gegenüber zu dieser instrumentalen Begleitung. Schlichtere Elemente waren dann die Rezitative, die Vertonung des Weihnachtstextes im Lukas-Evangelium, überwiegend von Tenor Christian Dietz auf der Kanzel als Elemente der Frohen Botschaft ausdrucksstark gesungen. Bach hat in den Arien wie auch in einigen Rezitativen freie Texte vertont und die Begleitung mit der Basso continuo-Gruppe in wechselnder Besetzung vorgesehen. Diese wurden hier von "La Réjouissance" in subtilen Klangnuancen vorgetragen.
Schon bei der ersten Arie "Bereite dich, Zion", später vielleicht noch eindrucksvoller beim wiegenden "Schlafe mein Liebster, genieße der Ruh" oder der Arie "Schließe, mein Herze, dies selige Wunder", bewältigte Katrin Louisa Hruschka nicht nur gesanglich die Stimmführung mit ihrer barocken Formensprache samt Verzierungen und Koloraturen. Sie bot ihren Part auch mit einfühlsamer Emotionalität, mit feinen Schattierungen von Erwartungsfreude, von Zärtlichkeit und von Staunen über das Weihnachtswunder. Vertraute Gemeindelieder, neu und in kunstvollerer Ausführung vorgetragen, waren ebenfalls zu hören. So erfreuten sich die Besucher etwa an den Chorälen, "Wie soll ich dich empfangen" oder "Ich will dich mit Fleiß bewahren". Hier entsprachen die Kantorei und auch der noch ein wenig verhalten auftretende Jugendchor der "Singenden Gemeinde", die Bach so bewusst in sein Werk einbezogen hat.
Die Vorfreude des ersten Teils mit ihren Metaphern führte zum Rezitativ der Christgeburtsverse. Gesteigert wurde das Nacherleben der Menschwerdung Christi durch das "Singspiel im Oratorium", den vom Jugendchor gesungenen Versen "Er ist auf Erden kommen arm" im Wechsel mit dem Bass-Rezitativ "Wer will die Liebe recht erhöhn". Dann folgte wieder eine sehr bekannte Arie: Bei "Großer Herr und starker König" konnte Federic Mörth seine kräftige, markante Bassstimme voll entfalten.
Stehende Ovationen
Die zarte Sinfonia zu Beginn des zweiten Teils, Schalmeien imitierend, verwies schon auf die Hirten als Akteure des weihnachtlichen Geschehens. Voll Strahlkraft sang der Chor schließlich "Brich an, du schönes Morgenlicht" und Katja Grimm trug die Engelsbotschaft vor. Die erfahrene Chorsängerin trug diesen sehr hoch vertonten Abschnitt klar und schwebend vor und überzeugte auch im dritten Teil im Duett mit dem Bass "Herr, dein Mitleid, dein Erbarmen." Der ganze zweite Teil war in ein Element der Bewegung versetzt, seien es die eilenden Hirten, seien es die jubelnden Engel, das Dietz in der Tenorarie "Frohe Hirten, eilt, ach eilet" noch unterstrich. Feierlich, vor allem in den großen, vom vollen Orchester begleiteten Chören, aber auch im innigen Gotteslob des Chorals "Ich will dich mit Fleiß bewahren" schloss dann der dritte Teil.
Langer stehender Beifall und die Dankesworte des Kirchenvorstandsvorsitzenden Hans Otto Zimmermann folgten schließlich zum Abschluss einer gelungenen Aufführung.
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