Evangelisches Dekanat Büdinger Land und die Regionale Diakonie Wetterau in Nidda feiern Fest der Begegnung

Das Haus der Kirche und Diakonie in der Bahnhofstraße 26 in Nidda heißt nun offiziell Margaretha-Pistorius-Haus

v.l.: Pröpstin Sabine Bertram-Schäfer, der ehemalige kommissarische Dekan Wolfgang Keller, Rolf Hartmann (Vorsitzender des Dekanatssynodalvorstandes), Christoff Jung (Leiter der Regionalen Diakonie Wetterau) und Dekanin Birgit Hamrich
v.l.: Pröpstin Sabine Bertram-Schäfer, der ehemalige kommissarische Dekan Wolfgang Keller, Rolf Hartmann (Vorsitzender des Dekanatssynodalvorstandes), Christoff Jung (Leiter der Regionalen Diakonie Wetterau) und Dekanin Birgit Hamrich

2.09.2023

 

(Nidda/gho) – Ein Stück Stadtgeschichte verkörpert das Haus in der Bahnhofstraße 26 in Nidda. 1878 begann der Buchdrucker Ludwig Cloos mit dem Bau einer Druckerei unweit der ehemaligen Johanniterkomturei, von der heute noch der markante Turm als Wahrzeichen Niddas auch in einiger Entfernung gut wahrnehmbar ist. Das Gelände um den Johanniterturm gehörte seit dem 12. Jahrhundert bis zur Reformation dem Orden der Johanniter. Mit Unterbrechungen während der Kriegs- und Nachkriegszeiten wurde in dem Handwerksbetrieb ab 1880 der Niddaer Anzeiger gedruckt. 1957 übernahm die Brühlsche Druckerei in Gießen die Herausgabe der Zeitung, die von da an Kreis-Anzeiger für den Kreis Büdingen hieß. Die Druckerei wurde verpachtet, die Lokalredaktion blieb indes in diesem Haus. Nachdem 1990 der Druckbetrieb endgültig aufgegeben wurde, griff das Diakonische Werk mit dem Einzug einer Tagesstätte1992 die soziale Tradition der historischen Stätte der Johanniter wieder auf. Schließlich verkaufte Gerti Rafailidis, die Enkelin des Erbauers, das Haus an das Evangelische Dekanat Nidda, die Buchdruckerei vermachte sie dem Heimatmuseum. Nach drei Jahren intensiver Planung wurden dann am 13. April 2004 Aus- und Anbauarbeiten begonnen, um einen zentralen Ort für alle Mitarbeitenden des Dekanats wie des Diakonischen Werkes Wetterau zu schaffen. Das „Haus der Kirche und Diakonie“ sollte zu einer erkennbaren Anlaufstelle für die Gemeinden und zu einem Identifikationspunkt im Dekanat werden. Die nunmehr 700 Quadratmeter Nutzfläche auf drei Ebenen boten nach einer Bauzeit von gut acht Monaten in Parterre Räume für Jugendarbeit und einen Weltladen, Büros und Sitzungszimmer des Dekanats im ersten Stock und der Diakonie in den beiden oberen Geschossen Räume für Betreuungs- und Beratungsangebote sowie einen großen Tagungsraum. Zudem führten Einrichtungen wie die Schuldnerberatung, die Alleinerziehendenberatung und der Betreuungsverein in den Folgejahren nahezu täglich Menschen in das „Haus der Kirche und Diakonie“, dessen Rückseite ab Ende 2005 das Zusammenwirken von Kirche und Diakonie mit einem bunten, an das Facettenkreuz der Landeskirche angelehnten Logo widerspiegelte. Die relativ kurze Bauzeit war Dank der ausgezeichneten Zusammenarbeit der beteiligten Firmen, die ausnahmslos aus der Region stammten, sowie durch das Engagement von rund 100 ehrenamtlichen Helfern aus den Kirchengemeinden möglich geworden. Unter Einbeziehung des alten Gebäudes konnte so ein modernes, funktionales und stimmiges Konzept umgesetzt werden, ohne dass der architektonische Charme des Gebäudes verloren ging.

Strukturveränderungen und Mitgliederrückgang innerhalb der evangelischen Landeskirche führten 2016 zur Fusion der bereits seit den frühen 2000er Jahren in einer Arbeitsgemeinschaft zusammenarbeitenden Dekanate Büdingen, Nidda und Schotten. Die seitherige Nutzfläche mit insgesamt 35 Büro- und Aufenthaltsräumen waren in dem gewählten Dekanatssitz in Nidda nun nicht mehr ausreichend. Die Zahl der unterzubringenden Verwaltungsmitarbeiterinnen hatte sich von einer auf vier Personen erhöht, die Mitarbeitervertretung benötigte ebenso ein Büro wie die neu eingerichtete Fachstelle für Integration.

 

 

Foto: Gert Holle
Foto: Gert Holle

Mit einer Länge von 13,24 Metern und einer Breite von 8,86 Metern sollte ein Erweiterungsbau am bestehenden südlichen Treppenhaus des „Haus der Kirche und Diakonie“ für Abhilfe sorgen. Ein zweigeschossiger 65 Quadratmeter großer Saal für Besprechungen und Veranstaltungen stellte zudem neue Möglichkeiten in Aussicht. Kurz nach Baubeginn im August 2018 wurden ein historischer Markierungsstein sowie weitere Gegenstände aus früheren Zeiten gefunden, die umfangreichere archäologische Grabungen nach sich zogen.

So weitete sich schließlich die Bauzeit bis zum Ende 2019 aus. Aufgrund der im Frühjahr 2020 begonnenen Pandemie war dann eine offizielle Einweihung des Erweiterungsbaus für lange Zeit nicht mehr möglich, obgleich die neuen Büros durch die Verwaltungsmitarbeiter und die Mitarbeitervertretung schon zeitnah nach dem Ausbau bezogen wurden.

 

 

Foto: Gert Holle
Foto: Gert Holle

Am Samstag, 2. September 2023, hat nun auch dieser neue Abschnitt in der Historie des Hauses in der Bahnhofstraße 26 eine entsprechende Würdigung erfahren. Bei einem Fest der Begegnung in und um das Gebäude wurde das „Haus der Kirche und Diakonie“ offiziell in Margaretha-Pistorius-Haus umbenannt.

Petra Stöppler alias Margaretha Pistorius. Foto: Gert Holle
Petra Stöppler alias Margaretha Pistorius. Foto: Gert Holle

Die Namensgeberin Margaretha Pistorius war die Ehefrau des Niddaer Pfarrers und Reformators Johannes Pistorius und lebte von 1516 bis 1560. In verschiedenen Quellen wird sie als fromm, besonnen und fleißig charakterisiert. Als 1555 urplötzlich eine Katastrophe über die Stadt hereingebrochen war und die Familie Schmerzliches erleben musste, stellten sich Pistorius und seine Frau tapfer ihrem Schicksal. Er erfüllte weiter verantwortungsvoll die Amtspflichten als Pfarrer, sie wurde von Zeitgenossen als aktive Pfarrfrau beschrieben, die verarmte Witwen der Stadt unterstützte und sich verwaister Kinder annahm.

Foto: Gert Holle
Foto: Gert Holle

Gut sichtbar ziert nun ein neues Logo mit dem Schriftzug „Margaretha-Pistorius-Haus“ das Gebäude, das im Laufe von 155 Jahren so einige Veränderungen erfahren hat. 

Foto: Gert Holle
Foto: Gert Holle

Einer Andacht zum Abschluss des Tages legte Dekanin Birgit Hamrich den biblischen Spruch zugrunde: „Weisheit und Verstand sind ein sicheres Fundament, auf dem du dein Haus errichten kannst, und Wissen füllt seine Räume mit wertvollen und schönen Dingen.“ In Gebeten wurde zum Ausdruck gebracht, dass das „Margaretha-Pistorius-Haus“ ein Ort sein möge, an dem Begegnungen und Gemeinschaft entstehen.

Unter Leitung von Holger Schneider aus Ulfa begleiteten Bläserinnen und Bläser aus dem gesamten Dekanat musikalisch die Festeröffnung. Foto: Gert Holle
Unter Leitung von Holger Schneider aus Ulfa begleiteten Bläserinnen und Bläser aus dem gesamten Dekanat musikalisch die Festeröffnung. Foto: Gert Holle

Neben Präsentationen der Mitarbeiter aus den einzelnen Arbeitsbereichen, Musik eines Bläserensembles aus dem gesamten Dekanatsgebiet unter Leitung von Holger Schneider aus Ulfa, Songs einer ukrainisch-deutschen Band, einem Stand des Schöpfungstag-Teams, Ausstellungen zum Thema „Weltacker“ und „Fotografien – Bilder – Dialoge“, angeregt von der sozialräumlichen Arbeit im Dekanat, sowie Präsentationen der regionalen Diakonie Wetterau konnten zuvor die rund 100 Gästen das Haus kennen lernen und in Gesprächen mit den Mitarbeitenden neue Einblicke in die Arbeit im Dekanat und der regionalen Diakonie Wetterau gewinnen.  

Unterstützt wurden die Gäste, unter ihnen Pröpstin Sabine Bertram-Schäfer und zahlreiche Bürgermeisterinnen und Bürgermeister aus den Kommunen des Dekanatsgebiets, von Petra Stöppler, die im Gewand von Margaretha Pistorius Interessantes über das Haus zu erzählen wusste. 

Rolf Hartmann, Vorsitzender des Dekanatssynodalvorstandes, richtete einen besonderen Dank an Beate Harbich-Schönert und Annemarie Fischer-Müller, die im Namen des Dekanatsfrauenausschusses eine „Bank der Begegnung“ und einen dazugehörigen bepflanzten Blumenkübel gestiftet haben. Bank und Blumen laden direkt vor dem Eingang des Margaretha-Pistorius-Hauses zu Gesprächen und zum Verweilen ein. Mit köstlichen Cocktails, gemixt von der Dekanatsjugend,  leckeren warmen Wraps und Hamburgern sowie einem beeindruckenden Kuchenbuffet wurde bei sommerlichen Temperaturen den ganzen Tag über für das leibliche Wohl gesorgt. "Es war ein toller Tag" schrieb ein Gast in ein ausliegendes Buch. Und ein anderer Gast ergänzte: "Es war gut, dass wir heute hier waren!"

Weitere Impressionen

Fotos + Text: Gert Holle