Woche für Woche besuchen in Deutschland etwa 900.000 Menschen einen evangelischen Gottesdienst. Die Gründe dafür sind so unterschiedlich wie die Menschen selbst: Ausrichtung für die neue Woche, gemeinsames Feiern und Singen, Begegnung mit Gott und immer wieder das Erlebnis der Gemeinschaft unter Mitchristen.
Ein Gottesdienst folgt einer klug durchdachten und jahrhundertelang tradierten Dramaturgie. Er inszeniert die Grundfragen des Glaubens wie Zweifel, Hoffnung, Dank, Klage und Bitte. Es ist Zwiesprache zwischen Gott und den Menschen. Er ist Unterweisung, Lehre und Bibelstudium. Er nimmt traditionelle geschichtliche Ausdrucksformen ebenso auf wie moderne und zeitgenössische.
Längst wird in der protestantischen Kirche Gottesdienst nicht mehr als Pflicht gegenüber Gott gesehen, eine Leistung, die ein Christ erbringen muss. Es ist vielmehr ein Bedürfnis, im Beten Hören und Singen Gott nahe zu kommen. Der Begriff Gottesdienst ist deshalb manchmal missverständlich. In erster Linie ist es Gott, der den Menschen dient und sie mit seinem Wort und seiner Gegenwart bereichert. Dieser Dienst gilt auch den Menschen, die Gott noch nicht begegnet sind. Aber auch der Mensch dient Gott – wenn er dankbar Gottes Dienst annimmt und ihm die Ehre gibt.
Wochenlied und Wochenpsalm, liturgische Farben, Festkalender – das Kirchenjahr spiegelt sich nicht nur aber besonders im Gottesdienst wieder.
Das Kirchenjahr beginnt mit dem ersten Advent und ist eine jährlich wiederkehrende Abfolge der christlichen Sonn- und Feiertage. Alle kirchlichen Festtage haben Ihre eigenen Texte, Lieder, Gebete und Farben. Der Jahreskreis ist zudem in Festkreise wie etwa der Advents- oder Osterzeit unterteilt.
Einen Steckbrief, liturgische Texte und Lieder sowie weitere Gedanken zu dem jeweils bevorstehenden Sonn- und Feiertag erhalten Sie auf
Kirchenjahr evangelisch ist ein Kooperationsangebot der Evangelisch-Lutherische Kirche in Bayern (ELKB) und der Vereinigte Lutherische Kirche in Deutschland (VELKD)
Welcher Feiertag ist am kommenden Sonntag? Wie lautet der Wochenspruch
und welcher Predigttext erwartet mich? Wann ist der nächste hohe Festtag? Antworten auf diese und andere Fragen gibt die neue Kirchenjahres-App „Kirchenjahr evangelisch“ von VELKD und Bayerischer
Landeskirche. Die App bietet alle Texte und Lieder nach der neuen „Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder“, die am 1. Advent 2018 eingeführt wurde. Dazu bieten drei weitere Rubriken Anregungen
und Informationen zu jedem Sonn- und Feiertag: „Die Kernaussage“ fasst das Thema des Tages in einem Satz zusammen; „Das Wesentliche“ bietet eine kurze Auslegung der Texte des Tages; „Glaube im
Alltag“ gibt Anregungen zur Gestaltung des Tages und der Woche. Links führen auf die Online-Version der Luther-Bibel und auf das wöchentliche Fürbittengebet, das auf www.velkd.de veröffentlicht wird. Optional können Push-Nachrichten aktiviert werden, die am Vorabend um 18:00 Uhr an den bevorstehenden Sonn- oder Feiertag
erinnern.
Zusätzlich sind Poster und Postkarten zu den Kirchenjahreszeiten erhältlich, die im Schaukasten, im Gottesdienst und in der gemeindlichen Arbeit eingesetzt werden können. Poster und Postkarten
können im ersten Jahr bis zum 1. Adven 2019 kostenfrei unter kirchenjahr-evangelisch.de/mitmachen bestellt werden.
Die App „Kirchenjahr evangelisch” richtet sich an Menschen, die haupt- und ehrenamtlich Gottesdienste vorbereiten und gestalten, und an alle, die den Rhythmus des Kirchenjahreslaufs
nachvollziehen und bewusst erleben möchten.
Hinweis: Die App „Kirchenjahr evangelisch” ist
kostenlos im AppStore oder bei GooglePlay erhältlich. Informations- und Werbematerial sowie Poster und Postkarten erhalten Sie unter kirchenjahr-
evangelisch.de/mitmachen
Die neue Webseite www.liturgischer-wegweiser.de bietet Gebete und Liedvorschläge, die sich an der neuen Perikopenordnung, die zum 1. Advent 2018 eingeführt wurde, orientieren. Für alle Sonn- und Feiertage sowie für weitere Fest- und Gedenktage finden sich nach den Proprien Vorschläge für das Kyrie, Gloria und Tagesgebet, aber auch für ein Eingangsgebet für die einfache Form sowie für Fürbitten.
Sie ersetzen die bislang in unserer Landeskirche gebräuchlichen, inzwischen vergriffenen, „Schriftworte und liturgischen Texte für die Gottesdienste im Kirchenjahr“ aus dem Jahr 2001. Die Online-Version ermöglicht eine ständige Aktualisierung und Ergänzung der Texte. Ebenfalls erleichtert sie die Arbeit mit den Liturgien.
Fast alle Gebete sind neu entstanden. Sie wurden in einem gemeinsamen Prozess von erfahrenen Pfarrerinnen und Pfarrern der EKHN unter Federführung von Doris Joachim, Referentin für Gottesdienst im Zentrum Verkündigung erarbeitet. Das Anliegen ist, zu einer theologisch verantworteten, zeitgemäßen und elementaren Gebetssprache zu finden.
Die Worte der Gebete wollen zugänglich und einprägsam sein. Es ist gelungen, für fast alle Sonn- und Feiertage im Kirchenjahr Gebete und Lieder vorzuschlagen.
Die fehlenden Gebete an einigen Trinitatissonntagen sowie die Liedvorschläge ab dem 6. Sonntag nach Trinitatis werden nach und nach rechtzeitig ergänzt. Für einige Proprien sind bereits besondere Gestaltungsvorschläge, wie z. B. Psalmcollagen, eingetragen. Auch dazu wird es im Laufe der Zeit einige mehr geben.
Zum 1. Advent 2018 ist der „Liturgische Wegweiser durch den Gottesdienst in der EKHN“ erschienen. Nun folgen im Auftrag der Kirchenleitung zum 1. Advent 2019 als Ergänzung zu diesem Buch diese ausgearbeiteten Liturgien für alle Sonn- und Feiertage des Kirchenjahres.
Alle, die an der Entstehung dieser Seite mitgewirkt haben, hoffen auf eine weite Verbreitung und Nutzung.
Frankfurt, 19.11.2019
Jutta Winkler
Am 1. Advent 2018 trat EKD-weit die neue „Ordnung gottesdienstlicher Texte und Lieder“ (OGTL) in Kraft. In ihr ist geregelt, welche Texte aus der Bibel an einem bestimmten Sonn- oder Festtag im Gottesdienst gelesen werden und welche Texte Grundlage der Predigt sind. Außerdem sind jedem Sonn- und Festtag zwei Lieder zugeordnet, die in einem besonderen Zusammenhang mit den jeweiligen biblischen Texten stehen, sowie ein Gebetspsalm, ein Bibelvers als geistliches Leitmotiv für die Woche oder den Tag („Spruch der Woche bzw. des Tages“) und ein Bibelvers als Zwischengesang zum Halleluja-Ruf.
Mit der Einführung der neuen Ordnung werden mit dem Kirchenjahr 2018/2019 Texte der Reihe I als Predigttexte im Gottesdienst zugrunde gelegt.
Die neue Ordnung hatt die „Ordnung der Lesungen und Predigttexte“ abgelöst, die seit dem 1. Sonntag im Advent 1978 in Geltung war und anlässlich der Einführung der „Evangelischen Gottesdienstbuches“ 1999 wenige geringfügige Veränderungen erfahren hatte.
Sie umfasst mehr alttestamentliche Texte als ihre Vorgängerin und bietet eine größere Vielfalt von biblischen Büchern und Themen. Künftig stehen für jede Woche und jeden Festtag zwei Lieder der Woche bzw. des Tages zur Auswahl, darunter auch Liedgut aus neueren Gesangbüchern. Gewachsen ist auch der Anteil an thematischen Textvorschlägen zu lebensweltlichen Anlässen.
Die Evangelische Kirche in Deutschland (EKD), die Union Evangelischer Kirchen in der EKD (UEK) und die Vereinigte Evangelisch-Lutherische Kirche Deutschlands (VELKD) haben die bisherige Auswahl der Bibeltexte im gottesdienstlichen Gebrauch einige Jahre lang überarbeitet und den Entwurf nach einer einjährigen Erprobungszeit im Herbst 2017 verabschiedet.
Neben der größeren Zahl alttestamentlicher Texte, einer größeren Vielfalt von biblischen Büchern und Themen sowie einer Verdoppelung der Lieder für die Woche oder den Tag gibt es eine Reihe weiterer Neuerungen.
So wurde zum Beispiel der Umgang mit der in jedem Jahr – abhängig vom jeweiligen Ostertermin – schwankenden Zahl der Sonntage zwischen Epiphanias und dem ersten Sonntag der Passionszeit neu geregelt. Die Epiphaniaszeit endet jeweils mit der Woche, in der der 2. Februar, der Tag der Darstellung Jesu im Tempel (Lichtmess), liegt. Auf das Fest der Erscheinung des Herrn (Epiphanias) folgen nun in der Regel vier Sonntage nach Epiphanias; zwischen dem Letzten Sonntag nach Epiphanias und dem Beginn der Passionszeit liegen nun ein bis fünf Sonntage vor der Passionszeit. Sie werden rückwärts als 5., 4., 3. (= Septuagesimä), 2. (= Sexagesimä) und [1.] Sonntag vor der Passionszeit (= Estomihi) gezählt.
Weiter bietet die vorliegende Ordnung nun für die fünf Sonntage der Passionszeit je einen Abschnitt aus der Passionsgeschichte der Evangelien als Predigttext. Die Texte gehören unterschiedlichen Predigtjahrgängen an, können aber zu einer Predigtreihe verbunden werden.
Für den 10. Sonntag nach Trinitatis sind in Zukunft zwei alternative Proprien vorgesehen: eines, das der Freude der Christenheit am Judentum und der bleibenden Nähe von Kirche und Israel gewidmet ist (liturgische Farbe: grün), und ein anderes, wonach der Tag nach altem Herkommen als Gedenktag der Zerstörung Jerusalems begangen wird (liturgische Farbe: violett).
Ebenso hat der Letzte Sonntag des Kirchenjahres ein doppeltes Proprium, einerseits als Ewigkeitssonntag, an dem die Gemeinde auf die Wiederkunft Christi und das Leben im Reich Gottes vorausblickt, andererseits als Totensonntag (bisher: Gedenktag der Entschlafenen), der dem Gedenken an die Verstorbenen und dem Trost für die Trauernden gewidmet ist.
Veränderungen hat es auch bei den „unbeweglichen Festen und Gedenktagen der Kirche“ gegeben. Dort sind der 27. Januar als Tag des Gedenkens an die Opfer des Nationalsozialismus und der 9. November als Tag des Gedenkens an die Novemberpogrome mit eigenen Proprien hinzugekommen. Auch die beiden populärsten Heiligen, Martin und Nikolaus, wurden in die Liste der Gedenktage aufgenommen: Bischof Martin von Tours am Martinstag, dem 11. November, und Bischof Nikolaus von Myra am Nikolaustag, dem 6. Dezember.
An die Stelle der Proprien zu den „Besonderen Tage und Anlässen“, dem dritten Teil der bisherigen Ordnung, sind nun die „Themenfelder“ getreten, in denen eine Fülle biblischer Texte zu Oberthemen und zugehörigen Stichworten angegeben werden. Diese Neuerung dient dem Anliegen, biblische Texte enger und vielfältiger auf die heutige Lebenswelt und ihre Herausforderungen beziehen zu können, als dies durch festgefügte Proprien mit einem kleinen Textbestand möglich wäre.
Die Perikopenordnung hat eine hohe Dignität, auch weil sie Traditionen bewahrt, die bis in die Reformationszeit, teilweise sogar bis ins frühe Mittelalter zurückreichen. Wie tief sie im kirchlichen Leben verwurzelt ist, zeigt eine breit angelegte empirische Studie der Theologischen Fakultät Leipzig aus dem Jahr 2010, bei der Haupt- und Ehrenamtliche zur Perikopenordnung befragt wurden. Die Ergebnisse belegen einerseits deren erstaunlich hohe Bindungskraft. Fast zwei Drittel der Nutzer folgt den vorgegebenen Texten immer, nur 3 Prozent selten oder nie. Andererseits hält die überwiegende Mehrheit der Befragten keine umfassende Überarbeitung, sondern lediglich einige Verbesserungen für nötig. Fazit der Autoren der Studie: „Die Perikopenordnung gibt Verlässlichkeit und Sicherheit, was nicht bedeutet, dass die derzeitige Ordnung nicht an verschiedenen Stellen verändert werden kann – und aus Sicht vieler Befragter auch sollte“.