Shalom – Umfassender Friede

von Rainer Böhm

Für die alten Griechen war Frieden gar nicht der Idealzustand. Krieg bedeutete für sie Fortschritt, Entwicklung. Die Römer liebten den Frieden in einer speziellen Variante: Sie besetzten andere Länder und zwangen ihnen die „pax Romana“ auf, den römischen Frieden. Er bedeutete Unterdrückung, Steuerlast, Verarmung, Korruption, Verbannung, Erniedrigung, Kreuzigungen.

 

In der Bibel bedeutet Frieden, hebräisch: Schalom – Versöhnung. In einem Umfang, den wir uns kaum vorstellen können. So, dass alle genug haben für ein gutes Leben. Dass niemand einem anderen Menschen etwas neiden muss. Achtsamen Umgang miteinander. Es bedeutet die Versöhnung mit der Natur – und mit Gott. Schalom, das heißt: Einklang von Menschen, Natur und Gott. Das hebräische Wort Schalom ist an sich ein bescheidenes Wort: „Sich begnügen-genug haben“. Das kann erleichtern. Einfach jetzt und hier beginnen, Schritt für Schritt, nicht gleich die ganze Welt retten müssen. Suchen, was dem Frieden dient. Meinem, deinem, dem der Erde.

 

Wie Schalom in seiner Fülle aussehen kann, darüber reden die Propheten. Sie haben in unfriedlichen Zeiten starke Friedensbilder entworfen. Nicht als billigen Trost, sondern um sich zu vergewissern: Gewalt hat nicht das letzte Wort. Eines dieser Bilder beschreibt gelingendes Zusammenleben danach: „Es sollen auf den Plätzen Jerusalems wieder sitzen alte Männer und Frauen, jeder mit seinem Stock in der Hand vor hohem Alter, und die Plätze der Stadt sollen voll sein von Knaben und Mädchen, die dort spielen…Rede einer mit dem andern Wahrheit, richtet gerecht, schafft Frieden in euren Toren.“ (Sach 8,4+5+16)

 

Ein anderes: „Da wird der Wolf beim Lamm wohnen und der Panther beim Böcklein lagern. Kalb und Löwe werden miteinander grasen, und ein kleiner Knabe wird sie leiten…und der Löwe wird Stroh fressen wie das Rind…. Man wird weder Bosheit noch Schaden tun, denn das Land ist voll Erkenntnis des HERRN.“ (Jes 11,6f)

 

Unerreichbar scheint so eine Vision, wenn ich auf unsere heutige Welt sehe. Versöhnung zwischen Menschen? Nie waren so vieleauf der Flucht vor Gewalt und Krieg, und immer noch verhungern Menschen, die wir völlig aus dem Blick verloren haben, während andere zu Hungerlöhnen schuften. Versöhnung mit der Natur? Klimawandel, Plastikmüll in den Meeren, Fleischindustrie, Versiegelung. Versöhnung mit Gott? Davon scheinen wir weit entfernt – und doch hoffe ich darauf, dass Gott sich mit uns versöhnt.

 

Schalom – das ist schwer zu erreichen. Aber jeder kleine Schritt zu mehr Schalom ist gut.