??. Juni 2025
Bald werden sie die rote Haustür im Schottener Pfarrhaus zum letzten Mal hinter sich zu ziehen. Das Pfarrerehepaar Udo und Silvia Heuermann nimmt Abschied vom Beruf und vom Vogelsberg. ©Judith Seipel
Die ersten Umzugskisten sind gepackt. Ein paar Wochen noch, dann leben Silvia und Udo Heuermann am Steinhuder Meer. Dort in Niedersachsen, wo das Pfarrerehepaar in den vergangenen Jahren oft Erholung fand, wird künftig ihr Lebensmittelpunkt sein. „Hundert Meter von der Wohnung bis zum Steg“, sagt Udo Heuermann, passionierter Segler, und kann sich ein Grinsen nicht verkneifen.
Die Freude auf die kommende Lebensphase sieht man beiden an. Noch aber stecken sie mitten in der Arbeit. Gerade haben sie Konfirmationen gefeiert, Udo Heuermann hat einen Vortrag über den Marienaltar in der Liebfrauenkirche gehalten. Sobald es ihre Zeit zulässt, mistet Silvia Heuermann im Pfarrhaus aus. Wenn sie gehen, dann mit leichtem Gepäck. Doch bei aller Vorfreude auf das Kommende: Das Loslassen nach 33 Jahren ist nicht leicht.
„Wir haben hier ein gutes Miteinander, sowohl in unseren Gemeinden als auch mit den Kolleginnen und Kollegen“, sagt die Pfarrerin. Als die Heuermanns nach dem Vikariat 1992 mit der damals neun Jahre alten Tochter Hannah in den Vogelsberg zogen, teilten sie sich zunächst die Pfarrstelle in Schotten. Seit 2004 ist Silvia Heuermann mit halber Stelle Pfarrerin für die Gemeinden Betzenrod, Götzen und Rudingshain, Udo Heuermann ist mit ganzer Stelle Pfarrer in Schotten.
„Das, was die Landeskirche mit dem Reformprozess ‚ekhn2030‘ von uns verlangt, nämlich in Teams zusammenzuarbeiten, praktizieren wir hier schon seit 30 Jahren erfolgreich“, sagt Udo Heuermann und verweist auf die Gottesdienstpläne, die er, seine Frau und die Pfarrkollegen umliegender Gemeinden seit Jahren gemeinsam erstellen. „Auf diese Weise kommen alle regelmäßig in den Genuss eines freien Sonntags.“
Der Strukturwandel in der Kirche mit Veränderungen auf allen Ebenen – ein großes Thema. „Noch eine Sitzung und noch eine Sitzung, aber so richtig geht es nicht voran“, findet Udo Heuermann. Der Nachbarschaftsraum Schotten ist allein topografisch eine Herausforderung: hohe Berge, tiefe Täler, weite Wege. „Wir sind gut informiert und haben die Gemeinden auf dem Weg in größere Einheiten gut mitgenommen“, so Heuermann weiter. Was fehle, sei Zeit, um sich mit den immer komplexeren Verwaltungsaufgaben zu befassen. Insbesondere für die Ehrenamtlichen in den Kirchenvorständen sei das „eine Menge Holz“. Er hoffe, dass sich zur nächsten Kirchenvorstandswahl 2027 überhaupt noch genügend Kandidierende finden lassen.
Gleichwohl wissen beide um die Chancen, die mit einer stärkeren Vernetzung einhergehen, um die Kirche mit knapper werdenden Ressourcen zukunftsfähig zu machen. Silvia Heuermann äußert dennoch Verständnis für Vorbehalte. Gerade in den Dörfern sei Kirche „ein Stück Identität“, die aufzugeben schwerfalle. Vor allem, wenn der Strukturwandel nicht nur die Kirche betrifft, sondern die Versorgung im Ort wegbricht. In den 33 Jahren, die sie in Schotten leben, habe sich die Kommune gravierend verändert: „Die Geschäftswelt aus den 1990ern gibt es praktisch nicht mehr“, so Udo Heuermann.
Auch der Beruf hat sich gewandelt. Ja, der Talar sichert immer noch einen großen Vertrauensvorschuss. Silvia Heuermann hat sich, wie sie sagt, davon immer besonders berührt gefühlt und schätzt die gewachsene Nähe zu den Menschen. Aber „vor 30 Jahren sagte man: Das Amt trägt die Person. Heute ist es umgekehrt: Die Person trägt das Amt“, wirft Udo Heuermann ein. Man müsse als Pfarrer eine Menge tun, um „die Kiste am Laufen zu halten“.
Nicht nur innerhalb der Kirche sind die Heuermanns gut vernetzt. Sie pflegen auch stabile Verbindungen in die Gesellschaft hinein. Ein Projekt das ihnen besonders am Herzen liegt, ist der Verein „Schotten weltoffen und bunt“, ein Aktionsbündnis von lokaler Politik, Vereinen und Kirche zur Stärkung der Demokratie. Beide wirken mit und beziehen deutlich Position gegen Ausgrenzung, Rassismus und Rechtsextremismus. „Dass in unserer Landeskirche solche Verbindungen möglich sind, finde ich klasse“, sagt Udo Heuermann. Die Evangelische Kirche in Hessen und Nassau sei eine „liberale Kirche mit Platz für Buntheit und Weltoffenheit“.
Am 29. Juni werden sie in einem Gottesdienst in der Liebfrauenkirche verabschiedet, Mitte August ziehen sie um.
Was fangen sie an mit der neuen „Freiheit“? Spontan Tochter Hannah und Sohn Lars besuchen zu können, ist für Silvia Heuermann neben der Aussicht aufs Joggen und Schwimmen geradezu großartig. Udo
Heuermann will „ein halbes Jahr gar nichts machen“ und sich dann in einem Segelboot vom Wind über das Steinhuder Meer treiben lassen ... (jub)
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