Ankommen in der Adventszeit

von David Jumel

Pfarrer David Jumel. Foto: Iris Hartings
Pfarrer David Jumel. Foto: Iris Hartings

Es ist wieder so weit. Die Kinder in der Schule bekommen leuchtende Augen, wenn sie davon erzählen: Die Adventszeit beginnt! Da ist Vorfreude: auf das erste zu öffnende Türchen am Adventskalender, dass es auf Weihnachten zugeht und dass sogar schon erster Schnee fällt.

Jedes Jahr wieder beginnt mit dem ersten Advent auch das Kirchenjahr neu. Feiern und Feste strukturieren den Jahreslauf und auch unser Leben.

Es mag vieles schwierig sein in diesen Tagen, manches gar eine Last, aber eines ist gewiss: Es wird Weihnachten werden, wie jedes Jahr. Was so jedes Jahr sich wiederholt, das zeugt von einem Ankommen. Ankommen in der Adventszeit, kurz verschnaufen bei Punsch oder Glühwein, während das Jahr gefühlt rasend schnell dem Jahresende und -übergang zuläuft.

Den Beginn der Adventszeit und den 1. Advent in seiner stetigen Wiederholung auch als sich wiederholenden Neuanfang verstehen, das kann ein lohnender Gedanke sein. Nachdem mich ein Trauerfall viele Nerven gekostet hat, kann ich vielleicht die Adventszeit als kostbare Zeit für mich selbst begehen. Mir Zeit für mich und meine Empfindungen nehmen. Oder ich nehme mir Zeit, um für andere da zu sein. Rufe vielleicht mal wieder meine Eltern oder jemanden aus dem Freundeskreis an. Wenn ich selbst das Gefühl habe, dass mir absolut die Zeit dazu fehlt, dann werde gerade ich von jemand anderem überrascht mit einer Einladung, einem Anruf oder einem guten oder tröstlichen Wort.

Und wenn es auch nicht gleich für jeden mit dem beginnenden Advent um Neuanfang geht, so ist doch vielleicht Besinnung und Orientierung. Die Adventszeit ist auch gestaltete Zeit durch so manche Adventsfeier, durch besondere Gottesdienste und etliche Konzerte. Alle laden dazu ein, Gemeinschaft zu haben, sich zu erfreuen und, gerade in unseren Kirchen, auch zur Ruhe zu kommen.

Wir warten im Advent auf den uns nahekommenden Gott, der Mensch wird. Er ist es, der sich dieser häufig auch bitterkalten Welt aussetzt, der leidet und mitträgt, der tröstet und die Hand hält, Tränen abwischt und dem Neubeginn entgegensieht.

Auf sein Ankommen warten wir auch dieses Jahr wieder. Wir besingen es mit Liedern.

Sichtbar wird das Warten auch durch Adventskranz und -Kalender. Jeden Sonntag eine Kerze entzünden und jeden Tag ein Türchen öffnen. Schritt für Schritt auf Weihnachten zu. Macht nicht nur die Tore weit und die Türen in der Welt hoch, sondern macht auch eure Herzenstüren weit auf, dass Gott einziehe. Seht die gute Zeit ist nah!

David Jumel ist Pfarrer in Echzell und Bisses

 


Umfangen und gehalten in Gottes Liebe

von Tanja Langer

Pfarrerin Tanja Langer
Pfarrerin Tanja Langer

In meiner Arbeit mit Konfirmandinnen und Konfirmanden behandle ich im November klassischerweise die Themen Tod und Trauer. Dabei sprechen wir über die Feiertage wie Allerheiligen, Allerseelen, Volkstrauertag oder auch den Ewigkeitssonntag. Die Konfis bekommen von mir einen Arbeitsauftrag: Sie gehen in kleinen Gruppen auf den Friedhof ihrer Gemeinde und beantworten eine Liste mit Fragen, die ich ihnen mitgebe. Darunter so etwas wie „Welche Gräberarten gibt es?“, „Gibt es Regeln auf einem Friedhof?“ oder auch „Gibt es Symbole auf den Grabsteinen und wenn ja, was könnten sie bedeuten?“. So kommen wir gut ins Gespräch und nähern uns dem Thema erstmal sachlich. Zum Schluss ihres Arbeitsauftrages sollen sie sich in ihrer Gruppe drei Fragen überlegen, die sie schon immer mal einem Bestatter stellen wollten. Den Bestatter lade ich dann zu unserer Konfistunde ein und wir besprechen die Informationen, die sie gesammelt haben. Je nach Gruppe wird es meist ein sehr lebhaftes Gespräch über den Tod und was mit ihm einhergeht.

Ich frage die Konfis nach ihren Jenseitsvorstellungen. Viele haben eine Vorstellung, können es aber nicht so richtig in Worte fassen. Wir basteln dann zusammen. Sie bekommen eine Tür zum Ausschneiden und ein Plakat, sowie jede Menge Magazine und Zeitschriften mit vielen Bildern. So können sie versuchen, das, was sie nicht sagen können, als Bild darzustellen. Das klappt meist viel besser.

Wir schauen uns auch an, was manche Künstler zum Thema Tod geschaffen haben. Wir vergleichen einige Bilder und stellen fest, dass es Unterschiede gibt, aber auch etwas Gemeinsames: Die Künstler haben das Jenseits, die Ewigkeit immer als ein helles Licht dargestellt. Oft sind Engel dabei, um die Verstorbenen vom Reich der Lebenden in das Reich der Toten zu begleiten.

Ich finde das eine sehr schöne Vorstellung. Engel, die uns in die Ewigkeit bei Gott geleiten. Und Gott, der umgeben ist von Licht, der auf uns wartet. Ja, er wartet auf uns, weil wir von ihm geliebt sind und jedes Leben wertvoll ist. Auf den Bildern der Konfis finden sich Bilder von der Natur, die friedlich vor uns liegt. Wolken, Himmel, Sterne, Haustiere, die vermisst werden, und Bilder von Menschen, die uns fehlen. Mit diesen Bildern im Kopf kommen auch viele Menschen am Totensonntag in die Kirche. Sie haben eine Vorstellung davon oder einen innigen Wunsch, wo die Verstorbenen, derer wir gedenken, nun sind. Sie erzählen davon, dass sie hoffen, dass ihre Lieben bei Gott aufgehoben sind ohne all die Dinge, die im Leben vielleicht schwer waren. Sie sprechen davon, dass sie die geliebten Menschen trotzdem um sich, in sich spüren. Das geht mir genauso. Auch ich musste schon Abschied nehmen. Aber ich bin gewiss, dass sie alle umfangen und gehalten sind in Gottes Liebe. Mein Vater, Tante Elfriede, Onkel Helmut und auch mein kürzlich verstorbener Freund Barny. Sowie alle, deren Namen wir am Sonntag verlesen werden und dabei eine Kerze für sie anzünden. Das Licht der Kerze als Zeichen für alles Helle und Gute, dass sie nun in der Ewigkeit bei Gott haben.                                                                                                Tanja Langer ist Pfarrerin in Eckartshausen


Leuchten wie die Sterne in der Nacht

von Antje Armstroff

Pfarrerin Antje Armstroff. Foto: Sandra Kömpf
Pfarrerin Antje Armstroff. Foto: Sandra Kömpf

„Mach mal Platz! Ich will auch gucken!“ Die Kindergartenkinder rangeln um die besten Plätze am Fenster. Sie sind fasziniert von dem großen Bagger, der draußen arbeitet. Das will natürlich jeder sehen. Mal wird geschubst und gedrängelt, mal fachsimpeln die kleinen Experten einträchtig über die Fahrzeuge, die da gerade im Einsatz sind.

Wenig später sitzen alle im Stuhlkreis und lernen das neue Lied für das bevorstehende Laternenfest: „Ein bisschen wie St. Martin will ich sein…“ singen sie und dabei üben sie nicht nur das Lied, sie üben auch, wie das gut geht mit dem Teilen und der Rücksichtnahme. Mit großem Eifer teilt Philipp den kleinen, roten Mantel mit dem Spielzeugschwert, um die eine Hälfte Elisa zu geben, die den Bettler spielt und deshalb bibbernd auf dem Boden sitzt.

Diese Haltung, die die Kinder hier lernen und einüben, wird sie ein Leben lang begleiten und prägen – weit über die Kindergartenzeit hinaus. Wenn wir lernen, anderen Platz zu machen, damit auch sie die Welt sehen können, wenn wir aufhören, nur an unseren eigenen Vorteil zu denken, dann haben wir viel von St. Martin gelernt. Und dann erfüllt sich, was Paulus in seinem Brief an die Philipper sagt: dass wir als Kinder Gottes wie die Sterne in der Nacht leuchten werden (Phil 2,15).

Nach dem Gottesdienst zu St. Martin ziehen alle aus der Kirche, zünden ihre Laternen an und singen: „Dort oben leuchten die Sterne – und unten da leuchten wir.“ Ich verstehe das als Auftrag. Wie die unzähligen Sterne, die selbst in der dunkelsten Nacht leuchten und funkeln, sind wir dazu berufen, auf der Erde zu leuchten und Licht in die Dunkelheit zu bringen.

Wer schon einmal alleine mit seiner Laterne in einer stockdunklen Gegend unterwegs war, hat die Erfahrung gemacht: Das kleine Licht ist zwar schön anzusehen, reicht aber nicht weit. Doch wenn alle Laternen eines ganzen Kindergartens zusammenkommen: Wie hell werden dann die Straßen erleuchtet! So verhält es sich auch mit dem, was die Kinder am Beispiel von St. Martin lernen. Einzelne Taten mögen nach außen klein erscheinen – aber für einen einzelnen Menschen können sie die Welt bedeuten. Und ich bin überzeugt davon: Viel wächst aus einer Haltung, die die anderen Menschen im Blick hat. Wenn das Gerangel um den eigenen Vorteil, um die besten Plätze im Leben ein Ende hat – dann haben Große und Kleine viel gelernt von St. Martin.

Rund um den 11. November erinnert uns das Martinsfest in jedem Jahr daran, dass wir einander Licht sein können. Martin hat in Jesus Christus das Licht der Welt erkannt. Er hat sich davon anstecken lassen und dieses Licht weitergegeben. Wenn wir unseren Teil dazu beitragen, dieses Licht zu verbreiten, dann verstärkt sich das Leuchten. Dann gehören wir zu einer großen Wolke von Zeugen, die alle dazu beitragen, die Dunkelheit zurückzudrängen.

Denn jede und jeder von uns hat das Potential, Licht in die Dunkelheit und Wärme in die Herzen zu bringen. So wie es uns die Kinder jedes Jahr vorsingen: „Dort oben leuchten die Sterne – und unten da leuchten wir.“                                        Antje Armstroff ist Pfarrerin in Ulrichstein